Diskussionen zum Versorgungsgesetz

Kampf um die Finanzen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat den Referentenentwurf zum Versorgungsgesetz analysiert und in die Kritik genommen. Sein Vorwurf: Der Entwurf enthalte Regelungen, die zu Mehrkosten in der GKV führen könnten. Gegenfinanzierungsvorschläge seien nicht erkennbar. Schäubles Vorstoß wurde kritisch gesehen, und jetzt scheint es, als ob sich Gesundheitsminister Daniel Bahr nun doch durchgesetzt hat. Der Entwurf soll Anfang August das Kabinett passieren.

Verstoß gegen den Koalitionsvertrag – so lautete der Generalvorwurf Schäubles in seinem zehnseitigen Vermerk. Das Reformvorhaben richte sich gegen dessen „Goldene Regeln“, dass für jede Maßnahme, die außerhalb des beschlossenen Finanzrahmens zusätzlich finanziert werden soll, eine entsprechende unmittelbare, vollständige und dauerhafte Gegenfinanzierung im jeweiligen Etat des Bundeshaushalts zu erfolgen hat.

Inzwischen hat das BMG eine überarbeitete und präzisierte Fassung vorgelegt. Das berichtet jedenfalls „Die Welt“ in ihrer Ausgabe vom 16. Juli mit Verweis auf eine ihr vorliegende neue Version des Gesetzentwurfs (Regierungsentwurf). Bahr habe sich dann doch durchgesetzt, heißt es dem Bericht zufolge, er könne sein Gesetz fast unverändert dem Kabinett vorlegen. Zuvor hatte der Gesundheitsminister gegenüber der Süddeutschen Zeitung bekräftigt, dass er sich sicher sei, dass das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen werde. Er setze sich auch gegen mögliche Widerstände dafür ein, dass man jetzt die richtigen Anreize gegen einen drohenden Ärztemangel setze. Ansonsten würde es viel teurer.

Ungewöhnlich an der ganzen Angelegenheit ist, dass das Finanzministerium seine Kritik publik gemacht hat. Denn Ressortprüfungen sind zwar üblich, finden aber in der Regel intern statt. Für sein Vorgehen hatte Schäuble in der Öffentlichkeit entsprechende Schelte einstecken müssen. Auch die KZBV betrachtet Schäubles Vorstoß distanziert. Das BMF-Papier erreiche ihrer Einschätzung nach bei Weitem nicht die inhaltliche Qualität, die ihm in Presseverlautbarungen beigemessen werde.

Der neue Entwurf sehe vor, dass die Versorgungslücken auf dem Land und in Teilen der Städte geschlossen werden, schreibt „Die Welt“ weiter. So wolle man die Inanspruchnahme aufwendigerer Versorgungen in Krankenhäusern vermeiden. Notwendig und auch aus finanzieller Sicht durchaus sinnvoll sei, Versorgungsstrukturen zu stützen, bevor Versorgungsdefizite vermehrt entstünden und daraus hohe Mehrausgaben resultierten, zitiert das Blatt aus dem bisher noch vertraulich behandelten Papier. Zuschläge, die die Ärzte erhalten sollen, wenn sie sich in unterversorgten Gebieten niederlassen, würden auf 150 bis 200 Millionen Euro geschätzt. Gerechnet werde mit rund 200 Millionen Euro Mehrausgaben für die Krankenkassen pro Jahr.

Die Zahnärzte könnten einen „Honorarzuschlag“ erwarten, heißt es in der „Welt“ weiter [Anmerkung der Redaktion: Gemeint ist hier eine Erhöhung der Zahnarztvergütung, weil die bisher abgerechneten Punktmengen aufgrund der Budgetierung nicht in voller Höhe erstattet wurden – also kein echter Zuschlag]. Das bisherige Budget werde gelockert, den Kassen entstünden für das Jahr 2013 120 Millionen Euro mehr. Bis zum 30. April solle es eine Evaluation geben, wie sich die Neujustierung auf das Versorgungsgeschehen auswirkt.

Kontroverse Diskussionen

Das Schäuble-Papier wurde tagelang kontrovers diskutiert. Die Ärzte reagierten entsprechend scharf. Schäuble müsse aufpassen, dass er nicht zum Allesblockierer dieser Regierung werde, zitierte die Ärzte- Zeitung den Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery. Die KBV kritisierte, dass Abschläge in überversorgten Gebieten nicht hilfreich seien. Die KZBV hält die BFM-Kritik an den vorgesehenen Neuregelungen zum vertragszahnärztlichen Vergütungssystem zum Teil für inhaltlich verfehlt, es handele sich hierbei um Maßnahmen, die bereits im Koalitionsvertrag im Grundsatz vereinbart worden sind. Lob für den Finanzminister kam hingegen von den Krankenkassen. Seine Analyse bestätige die Sorge über hohe finanzielle Auswirkungen für die Beitragszahler, hieß es beim GKV-Spitzenverband. Auch Opposition und Sozialverbände zeigten sich durch Schäuble bestätigt. Derweil gehen die Debatten weiter, jetzt vermelden Gesundheitspolitiker der Union Änderungsbedarf. pr

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