SPD-Anhörung zu Patientenrechten

Der lange Weg vom Betroffenen zum Beteiligten

Seit langem wird von der Politik ein Fahrplan für ein Patientenrechtegesetz erwartet. Jetzt hat die SPD einen eigenen Antrag im Bundestag eingereicht. Am 26. Januar fand in Berlin eine Verbände-Anhörung statt. Das Votum der Zahnärzteschaft: Mehr Selbstverwaltung und Patientenaufklärung, weniger Kodifizierung und ein Abbau von Überreglementierung.

Mit dem Antrag „Für ein modernes Patientenrechtegesetz“ will die SPD die bisher im Sozial-, Standes-, Zivil-, Straf- und Sicherheitsrecht (zum Beispiel Arzneimittelgesetz) geregelten Patientenrechte in einem einzigen Gesetz bündeln. Dadurch solle mehr Transparenz und Klarheit entstehen, weil Patientenrechte bisher oft nur generalklauselartig geregelt seien und erst durch die Rechtsprechung konkretisiert würden, heißt es in dem Antrag. Die SPD will Patienten von Betroffenen zu Beteiligten machen. Ein zentrales Anliegen sei die Patientensicherheit, Fehlervermeidung habe oberste Priorität und Opfer von Behandlungsfehlern sollten gestärkt werden. Die SPD will die Beweislastumkehr bei schweren Behandlungsfehlern gesetzlich verankern und erweitern. Eine vollständige Beweislastumkehr strebt man allerdings nicht an. Verbessert werden solle der Bereich der ärztlichen Dokumentation, da es für Patienten, Anwälte und Gerichte im Streitfall schwierig sei, Zugang zu vollständigen Patientenakten zu erhalten. Die bestehenden Mitberatungs- und Beteiligungsrechte der Patienten will die SPD inhaltlich und organisatorisch ausbauen.  

An der öffentlichen Anhörung am 26. Januar im Bundestags-Gesundheitsausschuss nahmen 23 Verbände sowie einige Einzelsachverständige teil. Auch BZÄK und KZBV legten ihre Argumente dar.

Patienten-Empowerment

Die BZÄK begrüße grundsätzlich das parteiübergreifende Ansinnen zur Schaffung eines modernen partizipativen Patientenrechts, erklärte Vizepräsident, Dr. Dietmar Oesterreich. Anstelle der Festlegung in einem einheitlichen Gesetz befürworte die BZÄK die gezielte Verbesserung der Stellung der Patienten im bestehenden Recht, beispielsweise durch Kodifizierung der gefestigten Rechtsprechung der Zivilgerichte zum Behandlungsvertrag sowie zum Arzthaftungsrecht im BGB sowie durch die flächendeckende Einführung von speziellen Arzthaftungskammern bei den Zivilgerichten.

Im zahnärztlichen Sektor laufe die weitaus überwiegende Zahl der Patientenkontakte zufriedenstellend. Entscheidend sei das sogenannte „Patienten-Empowerment“, um das Wissen der Patienten über ihre Rechte zu verbessern. Nicht ein eigenständiges Gesetz sei wichtig, sondern vielmehr die Intensivierung von Maßnahmen zur Aufklärung der Patienten. So wäre es aus Sicht der BZÄK wünschenswert, wenn die „Charta der Patientenrechte“ eine weitere Wissensverbreiterung erfahren würde.

Oesterreich sieht Patientenbelange als eine Chance und Aufgabe für die Selbstverwaltung an. Er wies auf das gut etablierte, flächendeckende bundesweite Netz von Patientenberatungsstellen der Kammern und KZVen hin, das teilweise mit Verbraucherzentralen oder anderen unabhängigen Beratungsstellen funktioniere. Diese hätten auch eine Clearing- und Vermittlungsfunktion und die Möglichkeit, bei Problemlagen an Gutachter und Schlichtungsausschüsse zu verweisen. Dieses flächendeckende System der Kammern diene vor allem dem Patientenschutz und sollte gestärkt und ausgebaut werden.

Zahnärzte schon weiter

Auch die KZBV begrüßt die Absicht, die bisher im Wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (besonders zum zivilrechtlichen Behandlungsvertrag) eindeutig gesetzlich zu regeln. Allerdings seien bei der zahnmedizinischen Behandlung die Patientenrechte bereits weitergehend kodifiziert als in anderen Bereichen, betonte ihr Vorsitzender Dr. Jürgen Fedderwitz in der Anhörung: „Eine Vielzahl von Regeln gibt es bereits.“ Er verwies auf das Festzuschusssystem für Zahnersatz sowie auf die bundesmantelvertragliche Grundlage für Kieferorthopädie, Parodontologie und Kieferbruch.

Fedderwitz zufolge sollte eine solche Initiative mit besonderem Augenmaß durchgeführt werden, um eine verbesserten Qualitätssicherung und Stärkung der Patientenrechte nicht in ihr Gegenteil zu verkehren. Kritisch sollte überprüft werden, ob die Vielzahl an geplanten Dokumentations-, Überprüfungs- und Beteiligungsverfahren auch tatsächlich sinnvoll umsetzbar seien. Zeit- und Kostenaufwendungen müssten in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Regelungen zu einer weiteren Haftungsverschärfung bis hin zu einer verschuldensunabhängigen Haftung lehnt die KZBV ab, da diese sich zu Lasten des Behandlers verschieben würde. Es bestehe die Gefahr einer Defensivmedizin.

Kritisch sei auch die Institutionalisierung der Patientenbeteiligung durch selbst gebildete Organisationen zu sehen. Dies gelte in besonderem Maße, wenn diese Organisationen an Normsetzungsprozessen wie im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beteiligt sind. Hier müsse nicht nur die demokratische, sondern auch die qualitative Legitimation geprüft und nach Bedarf gesetzgeberisch sichergestellt werden.  

Die Bewertung des SPD-Antrags fiel auch bei weiteren Verbänden skeptisch aus. So votierte beispielsweise die KBV für Fehlervermeidungssysteme auf freiwilliger Basis. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit setzte auf Selbstregulierung und der GKVSpitzenverband zeigte sich kritisch zu einer obligatorischen Fehlermeldung. Die Bundesärztekammer betrachtete die angedachte Beweislasterleichterung für Patienten als „Trend zur Defensivmedizin“.

Ob der politische Weg in Richtung Gesetz geht oder ob der Status Quo bleibt, ist weiterhin offen.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.