Leitartikel

Versorgen – nicht versagen

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

eins muss man der Gesundheitspolitik der Koalition lassen: Sie beschränkt sich nicht – wie in der Regel früher – auf die einmalige Verabschiedung sogenannter „GKV-Jahrhundertreformen“ pro Legislaturperiode. Die Politik kennt die Komplexität der Materie und weiß, dass es mit den bisherigen Schritten bei Weitem nicht getan ist. Die Gesetzgeber wie auch wir Ärzte und Zahnärzte gewöhnen uns inzwischen daran, dass das Motto „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ nicht nur für sportliche Wettkämpfe gilt.

Ob Patientenrechtegesetz oder die Befassung mit neuen Legislativen für die Versorgung: Wir zahnärztlichen Standesvertreter stellen uns darauf ein, unsere Vorstellungen weiter in den Prozess einzubringen. Gerade auch in diesem Jahr muss zielgerichtet über unsere Belange diskutiert werden.

Bekanntlich haben wir im letzten Jahr den ersten Aufschlag der Koalition in der Gesundheitspolitik hinsichtlich seiner Auswirkungen auf den zahnärztlichen Bereich mit einem lachenden und einem weinenden Auge sorgfältig beobachtet und begleitet: in einem ersten Diskussionsentwurf zum GKVFinanzierungsgesetz fanden sich viele positive Reformoptionen, die auch schon der Koalitionsvertrag aufgelistet hatte. Das war zu begrüßen. Weniger zufrieden waren wir mit den Regelungen zum Ost-West-Ausgleich – und die Bugetierung lebt munter fort.

Die kurzfristige Rücknahme der zahnärztlichen Strukturreformansätze aus diesem ersten Entwurf gab uns allerdings die Gelegenheit, auf manche Inkongruenzen und Implausibilitäten hinzuweisen und auf eine Klärung und Konkretisierung hinzuarbeiten. Die guten Gespräche mit dem BMG werden dieser Tage fortgesetzt. Abschaffung der Budgetierung und Abkoppelung von der Grundlohnsummenentwicklung sind hier die Schlüsselbegriffe.

Da passt es gut, dass in der CDU/CSU-Fraktion „14 Vorschläge für eine Reform der medizinischen Versorgung in Deutschland“ kursieren, die im Abschnitt „Zahnärztliche Versorgung“ diese Schlüsselbegriffe positiv aufnehmen.

Angesichts der ambitionierten Pläne der Koalition für ein Versorgungsgesetz, angesichts mancher dieser vierzehn Vorschläge, die sicher noch nicht ausdiskutiert sind, ist es beim Regelungsbedarf im zahnärztlichen Bereich leichter, zielgerecht und vergleichsweise zügig voran und zum Ende zu kommen. Auch beim Abbau von Arbeitsstapeln auf den Schreibtischen der Gesundheitspolitiker gilt: Was weg ist, ist weg.

Insofern ist das, was momentan an Dynamik kommt, auch für uns Zahnärzte mehr als begrüßenswert. Wir erwarten entsprechende Konkretisierungen. Die Systematik braucht klare und praktikable Kriterien. Unsere Verantwortungsbereitschaft haben wir ausdrücklich erklärt.

Aber es gilt auch: Der fortbestehende Grundsatz der Beitragssatzstabilität ist zwar weiterhin zu berücksichtigen, aber nicht mehr vorrangig, sondern gleichgewichtig neben anderen Bemessungskriterien, die sich im Praxisalltag niederschlagen. Zahl und Struktur der Versicherten und die Morbiditätsentwicklung (das Morbiditätsrisiko muss eh bei den Krankenkassen liegen!) sind zukünftig ebenso angemessen zu berücksichtigen wie Kosten- und Versorgungsstrukturen und die aufzuwendende Arbeitszeit.

Genau so, wie wir Strukturverschiebungen bei der Vereinbarung von Gesamtvergütungen nicht vernachlässigen dürfen, müssen wir darauf bestehen: Bei einer Nivellierung der Gesamtvergütungen zwischen Primärund Ersatzkassen dürfen nicht die Zahnärzte die Zeche zahlen. Gerade hier ist der Blick auf die Landesebenen unverzichtbar. Gerade hier sind regionale Kompetenzen der Garant für eine Versorgungskultur, die auch weiterhin das Wohl unserer Patienten in den Mittelpunkt stellt. Gerade hier weiß man, was bedarfsgerecht ist.

Politik und Zahnärzte – beide haben ehrgeizige Ziele und gute Rezepte. Vieles passt dabei zusammen. Nach dem Gesetz ist vor dem Gesetz. Und da gilt: Versorgen – nicht versagen!

Mit freundlichen kollegialen GrüßenDr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

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