Leitartikel

Schäubles Leute

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

in der FDP gilt er als „alter Hase“. Dabei ist Daniel Bahr mit 34 Jahren Deutschlands jüngster Bundesgesundheitsminister.

„Merkels Frischling“ – so nannte der „Spiegel“ den Mann, der der CSU vorgeworfen hatte, sich wie die „Wildsau“ zu verhalten – kämpft inzwischen nicht mehr als Staatssekretär, sondern als Minister in dieser nicht gerade pflegeleichten Koalition. Strategisch geschult muss er nicht nur mit der „Ehec- Krise“, sondern jüngstens auch mit Verrissen aus dem Bundesfinanzministerium umgehen: Schäubles Haus hat dem Entwurf für das Versorgungsgesetz mangelhafte Rechnerei vorgeworfen. Die Finanzministerialen halten das BMG-Papier für schlichtweg zu teuer. Schon auf den zweiten Blick wird klar, dass es den Haushaltsbeamten nicht nur um die im Versorgungsgesetz fixierten Maßnahmen geht. Hier stört fast alles, was im Reformhaushalt des BMG zur Debatte steht.

Ob Maßnahmen gegen ärztliche Unterversorgung oder Vergütungsfragen für die Zahnärzte: Pauschal und relativ undifferenziert wird haushalterische Oberflächlichkeit vorgeworfen. Müßig hier noch zu fragen, ob das schon die ersten Pflöcke sind, die für ein möglichst kleines Feld künftiger Steuerfinanzierung im GKV-Bereich eingeschlagen werden. Dabei hat Daniel Bahr seine Hausaufgaben nicht erst als Minister gemacht. Als langjähriger Gesundheitsexperte der Liberalen und als parlamentarischer Staatssekretär im BMG unter Philipp Rösler weiß der FDPler, was er bewegen will.

Der Entwurf für das Versorgungsgesetz ist keine hochgerechnete Fabuliererei, sondern ein mit Bedacht entwickeltes Modell, das die komplexe Maschinerie des deutschen Gesundheitswesens berücksichtigt. Denken Schäubles Leute auch so weit?

Offensichtlich nicht. Da fehlen Weit- und Durchblick! Da kritisiert das Bundesfinanzministerum, dass laut Gesetzentwurf die Selbstverwaltung die abgerechneten Punktmengen „angemessen zu berücksichtigen hat“. Denn dadurch käme es zu einer Erhöhung der Zahnarztvergütung, weil bisher die abgerechneten Punktmengen aufgrund der Budgetierung „nicht in voller Höhe erstattet werden“. Die Logik schlägt Purzelbäume: Bekommt der Zahnarzt endlich die Vergütung für alle Leistungen, die er erbracht hat, dann führt das zu einer Honorarerhöhung.

Schäuble , bleib bei Deinem Leisten! Wenn das Finanzministerium jetzt in Gesundheit macht, kann da eigentlich “nichts bei rumkommen“. Zu einseitig ist dessen Blick getrübt. Wäre er klar, dann wüsste man: Es geht darum, drohende Unterversorgungen zu verhindern. Es braucht die Vergütungsreform bei den Zahnärzten, damit Deutschlands zahnmedizinische Versorgung bei Erhaltung der gewünschten Qualität nicht im ökonomischen Desaster endet. Das sind die Herausforderungen, die geschulte Rechner in ihre Modelle mit einbeziehen müssen. Ob Schäubles Leute das wissen?

Daniel Bahr muss den Weg, den er mit Philipp Rösler begonnen hat, jetzt folgerichtig weiter gehen. Das, was das BMG leisten muss, ist mehr als simple Rechnerei. Es geht um weiterhin vorzeigbare Versorgungsstrukturen. Das neue Gesetz ist Teil dieser Arbeit. Einer, der auf den intensiven Fachdiskussionen der letzten zwei Jahre fußt.

Das Versorgungsgesetz füllt die Lücken, korrigiert die Fehler, die die Koalition im Zuge der ersten Finanzreform gemacht, nachträglich erkannt hat und jetzt ausbessern will. Hier geht es auch um die Beibehaltung eines als richtig erkannten Kurses.

Bleibt zu hoffen, dass Daniel Bahr seine gebündelte gesundheitspolitische Erfahrung, sein politisch-strategisches Gespür jetzt so einzusetzen weiß, dass es bei den Finanzministerialen zu ähnlichen Einsichten kommt, wie es auch bei der CSU möglich war. Jetzt gilt es, den eingeschlagenen Kurs beizubehalten. Das heißt im Übrigen auch: Wir brauchen klare Bekenntnisse, beispielsweise das gegen die Einführung der Öffnungsklausel für die Privaten Krankenversicherer. Daniel Bahr muss als Minister jetzt das umsetzen, was er selbst als Staatssekretär in zweiter Reihe vorbereitet hat – auch gegen den Widerstand von Schäubles Leuten.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

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