Alters- und Behindertenzahnheilkunde

Signalisierte Zustimmung

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In der Anhörung zum Versorgungsgesetz am 29. Juni wurde das A&B Konzept von den gewählten Vertretern des Berufsstandes explizit angesprochen, um im Zuge des laufenden Gesetzgebungsverfahrens Rahmenbedingungen für die Finanzierung des Mehraufwandes bei der Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Zuvor trafen sich die Vertreter von Betroffenen- und Fachverbänden in Berlin.

Das Reformkonzept mit dem Titel „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“, das Wissenschaftler der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnheilkunde (DGAZ) und der Arbeitsgemeinschaft für zahnärztliche Behindertenbehandlung im Bundesverband Deutscher Oralchirurgen (BDO) gemeinsam mit der Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) entwickelt haben, wurde vor einem Jahr in Berlin vorgestellt.

Das Konzept zielt darauf ab, Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen zukünftig Anspruch auf besondere präventive zahnmedizinische Leistungen ihrer Krankenkasse zu gewähren, wenn sie zur täglichen Mundhygiene nicht selbstständig und im ausreichenden Maß in der Lage sind. Da viele Patienten aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Einschränkungen nicht in die Zahnarztpraxis kommen können, soll außerdem die aufsuchende Betreuung durch den Zahnarzt gefördert werden.

Vor dem Hintergrund der UN- Behindertenrechtskonvention mit ihrem Anliegen einer inklusiven Gesellschaft (Stichwort Teilhabe) bedarf es in diesem Bereich dringend struktureller Anpassungen sowie der Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens.

Konstruktive Atmosphäre

Aus diesem Grund trafen sich Vertreter der Betroffenenverbände am 15. Juni im Evangelischen Geriatriezentrum in Berlin mit den Zahnmedizinern, um das A&B Konzept interdisziplinär am runden Tisch in konstruktiver Atmosphäre zu diskutieren und politische Forderungen zu formulieren.

Konsens herrschte bezüglich der Einsicht, dass eine Umsetzung des Konzeptes nur mit Hilfe des Gesetzgebers gelingt (Kasten).

Der Vorsitzende des Arbeitskreises Gesundheitspolitik der Fachverbände der Behindertenhilfe, Prof. Dr. Michael Seidel, fasste die Forderungen der Betroffenenverbände für eine bedarfsgerechte zahnmedizinische Betreuung so zusammen: „Viele Menschen mit schweren Behinderungen sind nicht in der Lage, selbst die Zähne putzen oder eine Zahnarztpraxis für präventive Maßnahmen aufzusuchen und dafür zu bezahlen. Nicht selten weisen sie eine sehr problematische Mund- und Zahngesundheit auf.“ Die Regelungen der GKV seien darauf noch nicht abgestimmt. Deshalb müsse endlich die Anspruchsberechtigung auf besondere zahnmedizinische Vorsorge gesetzlich festgeschrieben werden, forderte Seidel.

Prof. Andreas Schulte, leitender Oberarzt an der Poliklinik für Zahnerhaltung in Heidelberg und Dr. Imke Kaschke, 2. Vorsitzende der AG Zahnärztliche Behindertenbehandlung im BDO, wiesen auf die besonderen zahnmedizinischen Herausforderungen hin, die sich bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung oder in Pflege ergeben: „Die Mundgesundheit der Betroffenen ist insgesamt wesentlich schlechter als im Bevölkerungsdurchschnitt. Die Behandlung erfordert oft einen hohen Kommunikationsund Versorgungsaufwand oder ist nur unter Vollnarkose möglich“, so Kaschke.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer wohnte dem Treffen bei. Das A&B Konzept sei ein wichtiger fehlender Baustein im Versorgungsgesetz. Über ein Änderungsverfahren werde nun angestrebt, auf das laufende Gesetzgebungsverfahren noch Einfluss zu nehmen.

Die Tagung in Berlin gebar abschließend zwei konsentierte Ergebnisse:

• Alle vertretenen Verbände und Organisationen wollen sich öffentlich zum A&B Konzept bekennen

Lokale politische Entscheidungsträger sollen auf das Konzept angesprochen und die Problematik sowie der gesetzgeberische Handlungsbedarf vorgestellt werden.

Prof. Ina Nitschke, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin, erklärte kürzlich bei der Vorstellung des Berliner Modellprojektes „Saubere Dritte in der Pflege: „Die zahnmedizinische Betreuung von Menschen in Pflegeeinrichtungen ist ein Stiefkind der deutschen Gesundheitsund Sozialpolitik“. Es sei würdelos, wie die deutsche Gesellschaft mit ihren pflegebedürftigen Mitgliedern umgehe. Ihr Appell: Gerade bei den politischen Entscheidungsträgern müsse ein Umdenken einsetzen.

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