Internet Protocol 6

Ganz schön voll hier

Über das Internet sind Computer weltweit miteinander verbunden. Damit sie kommunizieren können, werden ihnen auf Basis des Internet Protocols (IP) sogenannte IP-Adressen zugeteilt. Deren Aufgabe ist es, für den Datentransport im Netz Sender und Empfänger eindeutig zu identifizieren. Doch die Verfügbarkeit der Adressen neigt sich dem Ende zu – es wird voll im Netz. Ein neues IP soll Abhilfe schaffen.

Seit den 80ern basiert das Internet auf dem IPv4. IPv4-Adressen sind eine aus 32 Zahlen bestehende Kombination. Maximal 4,3 Milliarden Adressen können mit dem IPv4 generiert werden, momentan sind schon fast alle in Gebrauch. „Der Nachschub für die bisherigen Internetadressen ist bald erschöpft“, beschreibt der Bundesverband der Informations- und Telekommunikationsbranche (Bitkom) die Situation.

Die weltweite Adressverwaltungsorganisation Internet Assigned Numbers Authority (IANA) hat im Februar die letzten fünf der insgesamt 256 großen IPv4-Adressblöcke vergeben. Ein Block umfasst circa 17 Millionen Adressen. Voraussichtlich Ende 2011 werden die darin enthaltenen IPAdressen laut Bitkom verteilt sein und es wird keine freien Adressen im IPv4-Standard mehr geben.

Der Bedarf ist unter anderem explodiert, weil immer mehr Menschen auch mit mobilen Geräten wie Handys und Smartphones online gehen. Jedes benötigt bei Nutzung eine IP-Adresse. Ein größerer Pool an Adressen ist zudem nötig, weil der Bereich der Heimvernetzung immer wichtiger wird: Um jedes Gerät von Herd über Fernseher bis Waschmaschine über das Internet zu steuern, ist jeweils eine eigene IP-Adresse Voraussetzung. Mit dem Wechsel zum Internet Protocol 6 (IPv6) wird es trotz der größeren Nachfrage keine Engpässe mehr geben.

Adressen im IPv6 verwenden nicht wie bisher 32, sondern 128 Nummern. Statt der bisher 4,3 Milliarden sind mittels des neuen Standards 340 Sextillionen (das sind 36 Nullen) Adressen zu haben. Das ist ein praktisch unerschöpflicher Vorrat.

Umstellung läuft

Vergeben werden die Adressen von der IANA an insgesamt fünf lokale Vertretungen, die Regional Internet Registries (RIRs). Sie weisen die Adressblöcke Providern, Firmen oder Institutionen zu. Jede RIR ist für einen anderen Teil der Welt zuständig. Die RIR für den asiatischen Raum, das Asia Pacific Network Information Centre (APNIC), hat Mitte April verlauten lassen, dass es den letzten Block IPv4-Adressen aus seinem Vorrat freigegeben hat. Der Asien-Pazifik-Raum sei damit die erste Weltregion, deren Bedarf von IPv4-Adressen nicht mehr gedeckt werden könne, sagte APNIC-Direktor Paul Wilson. Von nun an könne man neue Internet- Netzwerke und -Dienste nicht mehr ohne Ipv6-Adressen anbieten.

Der Bitkom befürchtet, dass die bevorstehende Umstellung auf den IPv6-Standard für Probleme in Europa sorgen wird. Provider und Unternehmen täten zu wenig, um sich und ihre Kunden auf den Wechsel vorzubereiten. Die Entwicklung verlaufe schleppend, Asien und Amerika seien viel weiter.

Um IPv6 verwenden zu können, müssen alle Provider, Server, Computer und die gesamte Software umgestellt werden. Dieser Wandel ist – von Usern weitgehend unbemerkt – schon seit einiger Zeit im Gang. Die meisten neueren Geräte und Programme beherrschen den neuen Standard bereits. Ältere unterstützen ihn nicht – ohne dass die User sich dessen bewusst wären.

Ein weiteres Problem: Aktuell sind in Deutschland längst nicht alle Internet- Provider in der Lage, ihren Kunden Services auf Basis von IPv6 anzubieten. „Wenn europäische Unternehmen noch den alten Standard nutzen, die Kunden in Asien ihre Systeme und Netze aber schon auf IPv6 umgestellt haben, dann können sie nicht mehr reibungslos über das Web kommunizieren“, warnt der Bitkom. User müssten besser informiert werden, damit sie ihre Hard- und Software entsprechend konfigurieren können. Sinnvoll ist, nur noch Geräte und Programme zu kaufen, die IPv6 unterstützen.

Aus der Umstellung könnten sich auch Datenschutzprobleme ergeben. Der riesige Adresspool entbindet Provider von dem technischen Zwang, Kunden ständig neue IP-Adressen zuzuweisen. Da dank IPv6 Engpässe passé sind, könnten die Firmen jedem Gerät eine feste Adresse zuweisen – für die Provider eine enorme Entlastung. Anders die Situation für die User: Entfällt die rotierende Adressvergabe, sind alle ihre Handlungen im Netz leicht nachvollziehbar, auch ohne Vorratsdatenspeicherung. Datenschützer plädieren daher dafür, beim Prinzip der dynamischen IP-Adressen zu bleiben.

Susanne Theisen,Freie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net

Die eigene IP-Adresse herausfinden unter:www.wasistmeineip.de

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