Frühjahrsfest

Stürmische Zeiten

Passend zur politischen Wetterlage regierte auf dem Frühjahrsfest von KZBV und BZÄK am 12. April in Berlin ein Mix aus Sonne, Wind und Regen. Zweifelsohne sorgen die mit dem Versorgungsgesetz einhergehenden Reformen für ein Hoch – für eine stabile Prognose hält der zahnärztliche Berufsstand die zügige Abschaffung der Budgets und eine Anhebung der GOZ-Punktwerte aber für unverzichtbar.

„Bewölkt mit vereinzelten Auflockerungen“, charakterisierte der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz auf dem Frühjahrsfest im Berliner Reichstag die derzeitige politische Situation. Mit den Eckpunkten zu dem längst überfälligen Versorgungsgesetz habe die Politik zwar gezeigt, dass sie die Reformen angehen wolle – und die Zahnärzteschaft es geschafft, auf die politische Agenda zu kommen. Allerdings bedürften wichtige Reformziele noch ihrer zügigen Umsetzung.

Stichwort Entbudgetierung: „Die strikten Budgets sind ein Steuerungsinstrument der 90er, das nicht mehr in unsere heutige Zeit passt und mit einem wettbewerblichen System unvereinbar ist“, stellte Fedderwitz klar. „Wir brauchen hier eine flexiblere Handhabung, weil die überkommenen starren Strukturen unseren Praxisalltag nicht mehr widerspiegeln, geschweige denn tragen.“

Wetterfester Berufsstand

Zurück zum Eckpunktepapier: Gut und richtig sei der Plan, den regionalen Vertragspartnern vor Ort größere Verhandlungsspielräume zu geben. Fedderwitz: „Mit zentralistischen Ideen kann man den Berufsstand nicht mehr wetterfest machen!“ Richtig sei auch, die Versorgung der Patienten am Leistungsbedarf auszurichten. Wenn die Zahnärzte dann noch endlich den Ballast der Grundlohnsummenanbindung abwerfen könnten, hätte der Berufsstand eine verlässliche Perspektive für die Zukunft.

Auch dass die Strukturen im Gemeinsamen Bundesausschuss optimiert werden sollen, unterstütze der Berufsstand ausdrücklich. „So wie der Ausschuss jetzt gegliedert ist, bestimmen wir auch über Themen, die uns Zahnärzte nicht unmittelbar betreffen, etwa Katarakt und Frühchenregelung“, führte Fedderwitz aus. „Umgekehrt entscheiden natürlich auch die Ärzte und die Krankenhäuser über zahnärztliche Belange, wie die Festzuschüsse, obgleich ihnen mitunter die fachlichen Hintergrundinformationen fehlen.“ Deshalb schlage die KZBV vor, wieder zu getrennten Beschlussgremien für die einzelnen Leistungsbereiche zu gehen. Fedderwitz: „Die Politik sollte den Zahnärzten auch hier die Möglichkeit geben, gleichberechtigt neben den anderen Playern zu agieren.“ Geht es um die Verfahrensoder die Geschäftsordnung, solle man allerdings besser beim sektorübergreifenden Beschlussgremium bleiben.

Dauertief GOZ

Einzig die GOZ entwickle sich für den Berufsstand zum veritablen Dauertief. „Aus der Sicht eines niedergelassenen Zahnarztes: Ich fühle mich nicht nur im Stich gelassen und hintangestellt, sondern in meinem Beruf missachtet“, kritisierte Fedderwitz. „Im Vergleich zu den Ärzten gelten wir demnach als Mediziner zweiter Klasse.“ Es sei nicht zu vermitteln, dass der Punktwert nicht wenigstens um ein Zehntel erhöht worden ist. Fedderwitz: „Das ist ein Mangel an Fürsorge seitens des Gesetzgebers!“

Dass die Koalition trotz schwieriger Ausgangslage gute Reformergebnisse erzielt, betonte indes Daniel Bahr (FDP), Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG). „Wir haben uns in unserer Legislaturperiode an unsere Versprechen gehalten.“ Eine stabile Finanzierung des Gesundheitswesens, sprich die Abkopplung der Gesundheitskosten von den Löhnen, sei jedoch die Voraussetzung für eine echte Anpassung der Honorare.

Ab 2013 sollen Bahr zufolge die Budgetgrenzen fallen und die orale Morbiditätsentwicklung sowie Wanderbewegungen innerhalb der GKV-Landschaft in das Gesetzgebungsverfahren Eingang finden. Bahr: „Diese Belastungsgrenzen müssen beseitigt werden.“ Ein weiteres Ziel der Regierung: die Wahrung der Freiberuflichkeit als Garant der wohnortnahen Versorgung. „Wir wollen die Freiberuflichkeit stärken – so steht es auch im Koalitionsvertrag“, bestätigte er. Das impliziere auch, dass man Reglementierungen dort zurückfahre, wo Patienten und Leistungserbringer darunter leiden. Bahr: „Wir setzen auf eine Kultur des Vertrauens.“ Vorschriften seien zwar für die Qualität und die Sicherheit sinnvoll, aber eben nur, wenn sie nicht als belastend empfunden werden. Auch die Überarbeitung der Approbationsordnung sei auf gutem Weg.

Die Zahnärzteschaft habe hier gute Vorarbeit geleistet, auf die das BMG zurückgreifen könne. „Wir alle haben unsere Hausaufgaben gemacht“, verdeutlichte Bahr: „Es wird eine Neugewichtung der Ausbildungsinhalte geben, die eine strukturelle Angleichung der Zahnmedizin an die Medizin beinhaltet.“ Zugleich wolle man präventionsorientierte und wissenschaftliche Inhalte stärken. „Das Zahnmedizinstudium soll nicht zum Master verkommen, sondern weiterhin mit Examen abschließen“, machte er klar.

Drohende Bematisierung

Was die GOZ betrifft: Das Ministerium könne die Gebührenordnung freilich nicht ohne die erforderlichen Mehrheiten novellieren, sondern sei im Kabinett auf politische Unterstützung angewiesen. Außerdem sei die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. In der Fürsorgepflicht stehe das BMG also nicht alleine. Bahr: „Trotzdem haben wir dafür gesorgt, dass der Anschlag auf die GOZ in Form einer drohenden Bematisierung gestoppt wird. Gemeinsam sind wir auf sachlicher und fairer Ebene zu guten Lösungen gekommen.“

Der Referentenentwurf ist für die Zahnärzte mit großer Enttäuschung verbunden“, hielt BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel dagegen. Natürlich sei die Abwehr der Öffnungsklausel ein Erfolg für die Zahnärzte. Zumal damit die ménage à trois zwischen Arzt, PKV und Patient abgewendet werden konnte. Engel: „Hätten wir die Öffnungsklausel bekommen, wäre das auf ein Dreiecksverhältnis hinausgelaufen. Und wie jeder weiß, stiften Dreiecksverhältnisse immer Verwirrung. Sie sind spannend und aufregend – aber nur auf der Bühne. Im wahren Leben entwickeln sie sich dramatisch und enden meist fürchterlich.“

Pas de ménage à trios

Schlichtweg enttäuschend sei letztlich die sechsprozentige Honorarsteigerung in der neuen GOZ. Engel: „Im Grunde handelt es sich um eine rein technische Erhöhung, weil die analogen Leistungen kostenneutral implementiert wurden. Die Steigerung erfolgt nur über die Punktzahlen, nicht über die Punktwerte.“ Generell habe sich in Bezug auf die Leistungsbewertung nicht viel getan. Das sechsprozentige Plus komme lediglich in Teilbereichen der Zahnheilkunde zum Tragen, wie beispielsweise in der Implantologie, bei den Füllungstherapien und beim festsitzenden Zahnersatz, nicht im gesamten Spektrum. „Viele Bereiche liegen noch genauso da wie 1988“, kritisierte Engel. Die PZR stelle eine neue Leistung dar, dafür seien KFO und Paro „im Prinzip Nullnummern im Vergleich zur alten GOZ“. Darüber hinaus habe man im Referentenentwurf die Schwächen der alten GOZ übernommen, was zu Leistungsbewertungen unterhalb des Bemas führe. Die Erhöhung sei in erster Linie eine technische Lösung, keine Leistung der Regierung, weil eben die gesamte GOZ gar nicht modifiziert wurde.

„Das ist schon ein herber Schlag, weil wir damit der einzig freie Beruf sind, dessen Gebührenordnung nicht berücksichtigt wurde“, urteilte Engel. „Bei aller Schwierigkeit: Dass die GOZ nicht an die GOÄ angeglichen wurde, ist nicht nachvollziehbar. Ja, das ist unlogisch, geradezu ein systematischer Fehler, weil die Punktwerte dann unterschiedlich ausfallen“, sagte Engel. „Wenn die Anpassung an die GOÄ nicht konsequent erfolgt, wird nicht mit gleichem Maß gemessen.“

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