Gastkommentar

Neue Strategie

Die politisch gewollte Konzeption einer Präventionsstrategie muss zahnmedizinische Früherkennung und Sekundärprävention einbeziehen, meint die Berliner gesundheitspolitische Fachjournalistin Maike van Delden vom Let V Verlag.

Daniel Bahr hat für dieses Jahr eine neue Präventionsstrategie angekündigt, aber kein Präventionsgesetz – verständlich, sind doch in den letzten Legislaturperioden alle Versuche, ein solches zu verabschieden, kläglich gescheitert.

Der Bundesgesundheitsminister plant vielmehr, so in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion, Vorhandenes zu bewerten, aufeinander abzustimmen, nationale und internationale Erfahrungen und Erkenntnisse zu analysieren sowie auf bewährten Programmen und Strukturen aufzubauen, diese weiterzuentwickeln und in die Fläche zu bringen. Eine zentrale Zielgruppe sollen Kinder und Jugendliche sein.

Vertreter der deutschen Ärzteschaft haben sich schon zu Wort gemeldet, sie wollen in der neuen Präventionsrunde ganz vorn mitmischen. Präventionsferne gesellschaftliche Gruppen, so die offizielle Diktion, die nur schwer über Programme zu erreichen seien, könnten gerade sie in den Praxen erreichen.

Für eine Präventionsinitiative in den Praxen niedergelassener Ärzte wird sicherlich ein finanzieller Obolus der Krankenkassen entrichtet werden müssen. Aber wie effektiv und effizient ist Prävention eigentlich? Die größten Präventionserfolge können die deutschen Zahnärzte nachweisen. Die Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich mehr als signifikant verbessert. Die heutigen „Best Ager“ werden wahrscheinlich die letzte Generation in Deutschland sein, die im Gesamt im Alter Zahnersatz benötigt.

Leider gilt das nicht generell, Migrantenkinder haben immer noch deutlich schlechtere Zähne als deutschstämmige Kinder, wie etliche Studien belegen. In einigen Städten werden Programme für die Zahngesundheit von Migrantenkindern durchgeführt, noch liegen nur wenige Zahlen über deren Erfolg vor. Im Rahmen der neuen Präventionsstrategie mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche und sicherlich auch einem Schwerpunkt Migranten, liegt auf der Hand, dass sich die Zahnärzteschaft einklinken wird. Sie hat bewiesen, dass sie erfolgreich Prävention durchführen kann, es existieren entsprechende Projekte, die miteinander verknüpft, im Sinne einer Best-practice-Strategie, in die Fläche gebracht werden können – ganz im Sinn des BMG-Ansatzes.

Aber auch sogenannte „vulnerable“ Gruppen ohne Migrationshintergrund sollten von der Zahnärzteschaft stärker in den Fokus genommen werden. Dies sind Gruppen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Zähne nicht regelmäßig untersuchen lassen oder untersuchen lassen können. Die Gesundheitspolitik hat für die Präventionsstrategie diese Gruppen in den Mittelpunkt gerückt, zur „Basisgesundheit“ gehört aber auch – und nicht zuletzt – Mundgesundheit. Aktuell steht das „zahnärztliche Präventionsmanagement“ mit einem präventionsorientierten Leistungskatalog in der Pflegegesetzgebung auf der politischen Agenda von BZÄK und KZBV.

Die Koalition will in ihrem Entwurf zwar die zahnärztliche Versorgung in stationären Einrichtungen verbessern, aber Prävention wird in diesem Zusammenhang nicht thematisiert, auch nicht die Versorgung und Prävention alter und behinderter Menschen, die nicht in stationären Einrichtungen versorgt werden. Völlig unverständlich, dass trotz der großen Erfolge der Prävention gerade im Bereich Mundgesundheit Prävention für diese Gruppen gesetzlich nicht verankert ist.

Wie auch immer die Politik in der aktuellen Gesetzgebung entscheidet – das Thema Prävention wird auf der Tagesordnung bleiben. Früherkennung, Sekundärprävention, die auch und gerade Karzinome in Mund, Kiefer und Gesicht fokussiert, muss endlich auch die Menschen erreichen, die nicht regelmäßig ihren Zahnarzt aufsuchen. Dazu bedarf es eigener Programme im Rahmen der neuen Präventionsstrategie.

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