Aktiendepots bei Abwesenheit

Börsenstress ade

Ob Geschäftsreise, Urlaub oder Krankheit – es gibt gute Gründe, die Anleger daran hindern, sich um ihr Aktiendepot zu kümmern. Indem man rechtzeitig Grenzmarken setzt, kann man sich aber etwas Ruhe verschaffen und vor Verlusten schützen. Doch einige Restrisiken bleiben – und kostenlos ist dieser Service der Banken auch nicht.

Bis etwa Mitte April dieses Jahres konnten sich die Aktionäre unter den Zahnärzten noch über steigende Kurse freuen. Seit Dezember 2011 hatten der MSCI World Index rund 17 und der DAX etwa 14 Prozent zugelegt. Doch nun scheint die alte Angst vor der Schuldenkrise zurückgekehrt zu sein. Ende April fiel der DAX um 3,36 Prozent. Einer der Hauptgründe für diese Entwicklung liegt wohl darin, dass man auf europäischer Ebene trotz der stabilen Wirtschaftslage in Deutschland ein Abgleiten in die Rezession befürchtet. Für Anleger Grund genug, sich Gedanken um die Absicherung ihres Depots zu machen. Vor allem in der nahenden Sommerzeit, wenn der Urlaub, also eine mehrwöchige Abwesenheit, vor der Tür steht, gehört der gesamte Inhalt des Depots auf den Prüfstand.

Wer sein Vermögen breit gestreut und keine riskanten Positionen aufgebaut hat, kann sich entspannt an den Strand legen. Ist das Depot aber zum Beispiel mit spekulativen Unternehmens- oder Länderanleihen angereichert, steht vor dem Start in die Ferien eine Überprüfung der Risiken an. Das gilt besonders für den Fall, dass zum Beispiel ein Teil des Kapitals in spanische Papiere investiert ist. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen auch die Anteilsscheine an Unternehmen, also Aktien. Anleger, die mit Risiken behaftete Papiere behalten wollen, benötigen möglicherweise Hilfe. Vielleicht besteht am Urlaubsort die Gelegenheit, per Internet die Entwicklung an der Börse und auf den Kapitalmärkten zu verfolgen, oder der Aktionär hält ständigen Kontakt mit seinem Depotverwalter. Eine weitere Möglichkeit, das Depot trotz Abwesenheit unter Kontrolle zu halten, ist es, einem zuverlässigen Freund oder Verwandten eine Vollmacht mit entsprechenden Verhaltenshinweisen zu erteilen. Dazu braucht dieser eine schriftliche Erlaubnis und die Bank sollte informiert sein.

Banken-Service

Darüber hinaus bieten Banken verschiedene Instrumente, mit denen sich die Risiken bei negativen Kursentwicklungen schon im Voraus begrenzen lassen:

• Stop-Loss-OrderBei dieser Order erhält die Bank den Auftrag, bei Erreichen eines festgelegten Kurses die Aktie zu veräußern. Fällt der Kurs der Aktie auf diesen Stand, löst die Stop-Loss-Order automatisch den Verkauf der Aktie aus. Allerdings kann es sein, dass die Bank nicht zum angegebenen Kurs verkauft, weil es zu diesem Preis keinen Käufer gegeben hat. Die Stop-Loss-Order verwandelt sich dann in eine Bestens-Order. Damit kann der Verkaufskurs auch unterhalb der Stop-Loss-Marke liegen. Das Risiko dieser Order besteht darin, dass letztendlich erst zu einem sehr viel niedrigeren Kurs verkauft wird.

Für den Anleger stellt sich die knifflige Frage, wo er den Stop-Loss-Kurs setzen soll. Bei DAX- und Standardwerten setzen die meisten ihren Stopp bei zehn Prozent unter dem aktuellen Kurs fest. Bei Nebenwerten, die größeren Schwankungen (Volatilität) unterliegen, wählen Anleger einen Puffer um 20 Prozent. Ein wichtiger Experten-Tipp lautet: niemals einen glatten Kurs wie zum Beispiel 20 oder 30 Euro angeben. Denn das Erreichen runder Beträge kann einen größeren Verkaufsdruck auslösen und stärkere Kursverluste nach sich ziehen, weil glatte Marken sehr beliebt sind. Einen Anhaltspunkt, wo relevante Kursschwellen liegen, liefern unter anderem SmartStops.

„SmartStops werden oft bei der Festlegung geeigneter Stopp-Kurse für Aktienpositionen verwendet. Die Stopp-Marken und Wiedereinstiegssignale von SmartStops werden an jedem Börsentag unter anderen für circa 500 Aktien durch automatisierte Verfahren auf Basis historischer Kurse errechnet“, erläutert Alexander Baumgart, Sprecher bei der Direktbank ING-DiBa.

•Stop-Loss-Order mit LimitBei dieser Variante der Stop-Loss-Order setzt der Anleger ein Limit, zu dem eine Aktie verkauft oder gekauft werden darf. Außerhalb dieser Marke gibt es keine Ausführung. Dies gelingt aber auch nur dann, wenn es zu diesem Preis einen Käufer beziehungsweise Verkäufer gibt.

• Trailing Stop-LossViele, aber nicht alle Banken wie zum Beispiel die Internetbanken ING-DiBa, Cortal Consors oder Comdirect bieten die Trailing-Stop-Loss-Order an. Dahinter verbirgt sich eine Anpassungsautomatik des Stop-Loss-Kurses. Der Anleger legt einen bestimmten Kurs fest, zu dem das Papier verkauft werden soll. Steigt der Kurs der Aktie wandert der Stop-Loss-Kurs mit dem vorgegebenen Abstand zum aktuellen Kurs automatisch mit nach oben. Sinkt der Geldkurs aber, bleibt die ursprüngliche Marke als Tiefstwert, zu dem verkauft werden soll, bestehen.

• Stop-Buy-OrderManche Institute nennen den Auftrag auch Start-Buy-Order. Sie ist das Gegenstück zur Stop-Loss-Order und eignet sich für Anleger, die auf keinen Fall den Kauf eines attraktiven Papiers verpassen möchten, wenn sein Kurs zu steigen beginnt. Die Bank bekommt den Auftrag, eine Aktie zu kaufen, sobald der Kurs ein festgelegtes Niveau überschreitet.

• Kombi-Limit oder OCOWer alle Chancen für eine Aktie wahren will, kann eine Kombi-Order erteilen. Dabei setzt der Anleger eine untere Marke fest, bei deren Erreichen die Aktie verkauft wird. Steigt der Kurs der Aktie bis zu einem festgelegten Kurs, verkauft die Bank das Papier, um dem Kunden eine Gewinnmitnahme zu sichern. Diese Kombi-Order heißt auch OCO – One Cancels the Other. Das heißt: Eine Order wird gestrichen, wenn die andere zum Zuge kommt.

Darüber hinaus bieten Banken noch viele weitere Order-Variationen. Neben Aktien eignen sich die Sicherungsmethoden auch für Indexfonds, die das Auf und Ab an der Börse automatisch mitmachen. Für gemanagte Fonds sind sie weniger geeignet. Einrichten lassen sich diese Orders bei den Onlinebanken über eine Order-Maske. Darin legt man die Daten fest und gibt an, auf welchem Handelsplatz der Auftrag ausgeführt werden soll. Baumgart gibt den Tipp: „Wer eine möglichst hohe Chance zur Ausführung der Order zur gesetzten Kursschwelle haben möchte, sollte den liquidesten Handelsplatz wählen.“ Ein reger Handel findet zum Beispiel auf Xetra statt. Da kann man fast sicher sein, dass das Papier zum gewünschten Kurs verkauft wird.

Bevor Anleger Aufträge vergeben, sollten sie sich über die damit verbundenen Kosten informieren. Denn nach dem Motto „Bäumchen schüttle dich“ kassieren manche Institute für ausgeführte und selbst für nicht ausgeführte Aufträge Gebühren. Die Comdirect verlangt zum Beispiel für eine nicht ausgeführte Stop-Loss-Order 2,50 Euro pro Monat. Bei Instituten wie Maxblue (Onlinebroker der Deutschen Bank), DAB oder ING-DiBa bleiben die Orders kostenfrei, so lange sie nicht ausgeführt werden. Dann fallen die üblichen Gebühren für den An- und Verkauf von Aktien an. Einige erheben auch für das Einrichten, Ändern und Löschen der Aufträge Gebühren.

Schutz kontra Gelassenheit

Es passiert nicht selten, dass sich eine hektisch verkaufte Aktie kurze Zeit später als Gewinnbringer herausstellt. Wer dann dabei sein will, zahlt erneut Gebühren für den Kauf. Am Ende bleibt unterm Strich ein Verlust, den es möglicherweise ohne diese Vorsichtsmaßnahmen nicht gegeben hätte. Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, verweist die vielen Schutzmechanismen ins Reich der Spekulanten und rät: „Wenn Kurse einbrechen, sollte man das auch mal aussitzen.“ Doch nicht jeder Anleger verfügt über das entsprechende Nervenkostüm.

Da macht es eben schon Sinn, sein Depot vor allzu großen Verlusten zu schützen. Im Anschluss an die Abwesenheit steht dann aber die Überprüfung des Depots an. Das Ergebnis zeigt, ob die Zusammensetzung noch passt. Wer eine langfristige Anlage geplant hat, braucht sich über Limits keine Gedanken zu machen. Rät der Bankberater dennoch dazu, will er entweder der Bank ein paar zusätzliche Einnahmen verschaffen oder aber die Strategie stimmt nicht.

Marlene EndruweitFachjournalistin für Ökonomiem.endruweit@netcologne.de

INFO

Mobile Börsenkontrolle

Eingefleischte Börsianer wollen auch im Urlaub nicht auf die Beobachtung der Kurse verzichten. Hat der Anleger Zugang zum Internet, kann er sich von seiner Depotbank oder von einem Finanzportal wiewww.ariva.deper E-Mail unterrichten lassen, wenn ein Limit erreicht ist. Die DAB und die Deutsche Bank bieten inzwischen Apps an, mit denen Onlinebanking auch per iPad möglich ist. Wer auf Internetcafés angewiesen ist, muss beim Onlinebanking besondere Vorsicht walten lassen. Zugangscode und TAN müssen mit im Gepäck sein.

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