Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

eigentlich ist es ein Musterbeispiel für disziplinäre Zusammenarbeit: In Sachen Leitlinien arbeiten die wissenschaftlichen Fachorganisationen Hand in Hand. Bis heute wurden im zahnmedizinischen Bereich in Kooperation – und unter Federführung oder unter Beteiligung der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – insgesamt 13 zahnmedizinisch relevante Leitlinien erarbeitet. Eine beachtliche Zwischenbilanz, deren jüngstes veröffentlichtes Ergebnis – zum Themengebiet Fluoride – in dieser zm-Ausgabe zu finden ist.

Länger als die konstruktive Befassung mit der Leitlinienerarbeitung währt der Disput um Sinn oder Nachteile von Leitlinien in der zahnmedizinischen Praxis. Dass inzwischen auch dieser Disput von „kontrovers“ zu „konstruktiv“ wechseln konnte, beweist einerseits, dass die Zahnärzteschaft sich mit der Materie ausführlich befasst, aber auch, dass die verschiedentlich befürchtete Einengung praktischer Handlungsfreiräume unterbunden wurde.

Handlungskorridore – und damit auch die notwendige Therapiefreiheit – bieten fallbezogene Ermessensspielräume. Im Gegensatz zu den der gesetzlicher Normierung unterliegenden Richtlinien sind und bleiben Leitlinien in der Zahnmedizin wissenschaftlich fundierte und für die Praxis konzipierte Handlungsempfehlungen. Sie lassen sich in die Praxis implementieren und erlauben nach persönlichem Ermessen auch, fallbezogen eigene Wege außerhalb dieser Markierungen zu gehen.

Leitlinien, deren Begleiteffekt auch ist, dass sie – obwohl nicht justiziabel – in rechtlichen Auseinandersetzungen zur einschätzenden Orientierung genutzt werden, werden inzwischen trotzdem in vielen Praxen eingesetzt, sei es zur Prozessoptimierung oder als Entscheidungshilfe für Arzt und Patient. Es ist inzwischen Teil des Umgangs mit Leitlinien, spezifische Abweichungen zu begründen und in der Dokumentation festzuhalten.

Dass hier fortlaufender Klärungsbedarf besteht, ist offensichtlich. Der Umgang mit den Leitlinien, die Art ihrer Implementierung, ist ein kontinuierlich zu diskutierendes Regulativ. Es bleibt Aufgabe der zahnärztlichen Interessenvertretungen, im größeren Konzert des Gesundheitssystems dafür Sorge zu tragen, dass gerade in der Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen zahnärztliche Belange verfolgt und ausreichend berücksichtigt werden.

Nur wenn die Therapiefreiheit erhalten bleibt, der Handlungskorridor groß und die Möglichkeit der durchdachten und begründbaren Abweichung bleibt, werden sie zur grundsätzlich akzeptierten Hilfestellung für den zahnärztlichen Praxisalltag. Praxistauglichkeit ist der Maßstab, an dem sich der Erfolg von Leitlinien messen lassen muss.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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