Leitartikel

Wir fördern Gesundheitskompetenz

Dietmar Oesterreich

Erinnern Sie sich noch an die Allianz für Gesundheitskompetenz? Mit diesem „Leuchtturmprojekt“ – es wurde 2017 unter Beteiligung zahlreicher Verbände im Gesundheitswesen, darunter BZÄK und KZBV gegründet – wollte der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe der Sprechenden Medizin einen neuen Stellenwert verleihen. Zentrales Element: ein Nationales Gesundheitsportal im Netz. Die Idee: Anbieter von Evidenzbasierten Informationen zu Gesundheitsthemen einigen sich freiwillig und unter Beibehaltung ihrer Eigenständigkeit auf gemeinsame Qualitätsstandards und stellen als „Content-Partner“ ihre Inhalte über das Portal bereit. Im vergangenen September hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) dazu ein Konzept veröffentlicht. Ergebnis: Ein schrittweiser Aufbau des Portals wurde unterstützt. Das IQWiG übergab das Konzept dem BMG. 

Dann wurde es still um das Projekt. Bis jetzt. Nun taucht die Idee des Nationalen Gesundheitsportals wieder auf – unter der Ägide von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und angesiedelt in der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung zur Digitalisierung. In Kürze sollen Entscheidungen über Trägerstrukturen und Finanzierungsfragen erfolgen. 

Wenn Sie sich jetzt fragen: „Und was ist mit den Partnern der Allianz, was ist mit der Beteiligung der Zahnärzte? Macht das BMG das nun im Alleingang?“ Dann sind diese Fragen durchaus berechtigt. Von der Allianz ist keine Rede mehr, ebensowenig davon, dass qualitätsgesicherter Content von den Partnern zur Verfügung gestellt wird. Dem Vernehmen nach plant das BMG jetzt eigene Inhalte mit der Stoßrichtung auf Verbraucherschutz. 

Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu verbessern, war der BZÄK schon immer ein großes Anliegen, was sie bereits mit vielfältigen Aktivitäten unterstützt – mit ihrer Expertise, und nicht zuletzt durch eine Vielzahl von qualitätsgesicherten Patienteninformationen. Wir kommen der Patientenorientierung und dem Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung schon lange nach. 

Zwar ist in in unserer internetbasierten Wissensgesellschaft die Möglichkeit groß, Gesundheitskompetenzen zu erwerben. Dennoch haben wir immer noch eine Wissensasymmetrie – zwischen dem Zahnarzt als Experten und seinem Patienten als Laien. Dem muss der Zahnarzt Rechnung tragen, wenn er dem Patienten seine Informationen verständlich übermitteln will. Umso wichtiger ist es, die Kommunikation mit dem Patienten, also die Sprechende Zahnmedizin zu stärken: Als Grundlage für das Vertrauensverhältnis und die notwendige Compliance beziehungsweise Adhärenz, gemeinsam mit dem Patienten. Sprechende Zahnmedizin heißt, sich auf die psychische und soziale Situation einzustellen sowie mit zielgerichteter Ansprache das Mundgesundheitsverhalten positiv zu beeinflussen. Gefordert ist also eine Kommunikation, die den Patienten in seiner Lebenswelt abholt. 

Sprechende Zahnmedizin schafft Vertrauen, Vertrauen unterstützt Behandlungserfolge, Behandlungserfolge führen zu einer verbesserten Mundgesundheit. Gerade etwa bei chronischen Erkrankungen wie der Parodontitis zeigt sich das sehr deutlich. Dort braucht es viel Fingerspitzengefühl, um beim Patienten die subjektive Überzeugung zu fördern, selbst etwas für seine Mundgesundheit zu tun. Die Methode des Motivational Interviewing beispielsweise hat sich für ein vertrauensbildendes Zahnarzt-Patienten-Verhältnis als sehr effektiv erwiesen. Im Rahmen ihrer Beteiligung an der Allianz für Gesundheitskompetenz ist ist die BZÄK übrigens auch dabei, ein zahnmedizinisches Teach-Back-Tutorial zu entwickeln: Das Verfahren ist eine anerkannte Methode zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz von Patienten. 

Wir Zahnärzte kommen dem Wunsch der Politik nach, unseren Beitrag zur Förderung der Mundgesundheitskompetenz der Bevölkerung zu leisten. Das Nationale Gesundheitsportal bietet eine Chance, diese zu stärken. Deswegen fordern wir die Einbindung der Allianzpartner in den weiteren Prozess und bringen gerne unsere Expertise ein. 

Prof. Dr. Dietmar Oesterreich
Vizepräsident der BZÄK

Prof. Dr. Dietmar Oesterreich

Langjähriger Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Präsident der Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzender Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ), Honorarprofessor für Orale Prävention und Versorgungsforschung an der Universität Greifswald

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