Fall-Kontroll-Studie zu Schilddrüsenkrebs

Erhöhtes Krebsrisiko durch Röntgen beim Zahnarzt?

Ein Forscherteam der Brighton and Sussex Medical School (BSMS), Cambridge und Kuwait, untersuchte 313 Schilddrüsenkrebspatienten in Kuwait – wo die zahnärztliche Behandlung kostenlos und die Inzidenz von Schilddrüsenkrebs im Vergleich zu Großbritannien relativ hoch ist.

Die Studie unter der Leitung von Dr. Anjum Memon, Senior Lecturer und Consultant für Public Health Medicine an der BSMS, zeigte, dass das Risiko für Schilddrüsenkrebs mit der Anzahl niedrig dosierter Röntgenaufnahmen im Zahnbereich zunahm. Denn die Fall-Kontroll-Studie ergab eine signifikante Assoziation mit einem Dosis-Wirkungs-Muster zwischen der selbst berichteten zahnärztlichen Röntgenexposition, insbesondere Mehrfachexposition, und dem Schilddrüsenkrebsrisiko.

Die Odds ratio von ungefähr zwei und ein nach konservativen Schätzungen um 10 bis 40 Prozent erhöhtes Risiko waren in der Größenordnung ähnlich denen, die auch in zwei Fall-Kontroll-Studien in Schweden gefunden wurden. Allerdings basierten auch jene auf selbst berichteten Expositionsverläufen. Eine Validierungsstudie ergab keine Hinweise auf signifikante Unterschiede zwischen Fällen und Kontrollen.

Die Autoren räumen in ihrem Fazit ein, dass bei ihrer Arbeit – wie bei allen auf Fragebögen basierenden Fall-Kontroll-Studien – die Möglichkeit einer Verzerrung der Patientenberichte in Betracht gezogen werden muss. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass signifikante Dosis-Wirkungs-Muster und Wechselwirkungen auftreten, wie in dieser Studie angegeben.

Ist die Zahn-Radiografie nicht mehr sicher?

Es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass Schilddrüsenkrebs durch mehrere niedrig dosierte Strahlenexpositionen im Zahnbereich verursacht werden kann, folgern die Autoren. In jedem Fall seien weitere Untersuchungen wünschenswert.

Die Folgen der Studienbefunde auf die öffentliche Gesundheit und die klinischen Auswirkungen sind nach Aussage der Autoren besonders relevant im Hinblick auf ...

  • die Berichte über einen Anstieg der Inzidenz von Schilddrüsenkrebs, insbesondere von papillären Karzinomen, in vielen Ländern in den vergangenen 30 Jahren.

  • die relativ hohe Lebenszeitprävalenz und Häufigkeit der Exposition gegenüber Zahnröntgenstrahlen in der Allgemeinbevölkerung.

  • die Richtlinien für die Durchführung von zahnärztlichen Röntgenbildern, in denen diese als notwendiger Bestandteil für die Beurteilung neuer Patienten, einschließlich Kinder, und unter bestimmten Umständen für die regelmäßige zahnärztliche Radiografie empfohlen werden.

Die Vorstellung, dass eine Strahlenexposition mit niedriger Dosis durch zahnärztliche Radiografie, die eine übliche diagnostische Strahlenexposition in der Allgemeinbevölkerung darstellt, absolut sicher ist, muss nach Ansicht der Autoren weiter untersucht werden – da das individuelle Risiko, insbesondere bei modernen Geräten, sehr gering sein dürfte, der Anteil der exponierten Bevölkerung indes hoch ist.

Folgestudien sollen mehr Evidenz bringen

Laut Memon stimmen die Ergebnisse mit früheren Berichten über ein erhöhtes Schilddrüsenkrebsrisiko bei Zahnärzten, Zahnarzthelfern und Röntgenmitarbeitern überein. Er erklärte, dass die jüngsten Ergebnisse zahnärztliche Röntgenaufnahmen auch mit einem erhöhten Risiko für Hirntumore und Tumoren in den Speicheldrüsen in Verbindung bringen.

„Es ist wichtig, dass unsere Studie mit Informationen aus zahnärztlichen Unterlagen wiederholt wird“, sagt der Erstautor, um Informationen zur Häufigkeit der Exposition, zum Alter der Patienten und zur Strahlendosis einbeziehen zu können.

Quelle:

Memon A, Rogers I, Paudyal P, Sundin J: „Dental X-Rays and the Risk of Thyroid Cancer and Meningioma: A Systematic Review and Meta-Analysis of Current Epidemiological Evidence.“ Thyroid. 2019 Nov;29(11):1572–1593. doi: 10.1089/thy.2019.0105. Epub 2019 Oct 14.

Mehrere niedrig dosierte Strahlenexpositionen im Zahnbereich können möglicherweise Schilddrüsenkrebs verursachen.

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