Vierter Bericht zur Patientenberatung der zahnärztlichen Körperschaften

Rechtliche Orientierung schaffen: Patientenrechte – Versichertenansprüche – Konfliktfälle

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) haben den vierten Bericht zur zahnärztlichen Patientenberatung veröffentlicht. Mit über 33.000 Beratungen blieben die Beratungsstellen von Kammern und KZVen auch im Jahr 2019 mit großem Abstand die meistgesuchte Anlaufstelle für die Patienten – die Unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD) verbuchte im gleichen Zeitraum 4.763 Beratungen zu zahnärztlichen Themen.

Beim ersten Anruf geht es den meisten Patienten um eine Orientierungshilfe. Sie haben Bekanntschaft mit verschiedenen Akteuren und Institutionen gemacht und wollen zu zahnmedizinischen, finanziellen oder rechtlichen Fragen beraten werden. So wird die zahnärztliche Patientenberatung als Lotse in Sachen Zahngesundheit, als Experte für Fragen zur zahnmedizinischen Versorgung und als Vermittler bei Problemen gesucht.

Seit dem 1. Januar 2016 wird die zahnärztliche Patientenberatung in Deutschland mithilfe einer einheitlichen webbasierten Software dokumentiert. Die Beratungsstellen erfassen dabei neben dem jeweiligen Thema und Ergebnis der Beratungskontakte auch anonymisiert weitere Daten wie Alter, Geschlecht und Versicherungsstatus der Ratsuchenden. Am Zentrum Zahnärztliche Qualität (ZZQ) erfolgte mittlerweile zum vierten Mal eine wissenschaftliche Auswertung der standardisierten Datensätze, dabei wurden alle im Jahr 2019 abgeschlossenen Beratungsdokumentationen herangezogen.

Der Bericht gliedert sich in drei Teile: Teil 1 enthält die Eckdaten zur zahnärztlichen Patientenberatung. Teil 2 fasst die Erfahrungen der Patientenberater, die mittels qualitativer Gruppendiskussionen gewonnen wurden, zusammen. Teil 3 spiegelt den Prozess der Auswertung der Evaluationsergebnisse durch Spitzenvertreter der zahnärztlichen Standesorganisationen. Seit 2018 kommen Spitzenvertreter von BZÄK und KZBV einmal im Jahr zu einem moderierten Qualitätsdialog zusammen, um die Anliegen der Ratsuchenden nach einem strukturierten Verfahren zu diskutieren und Lösungsansätze mit Blick auf aktuelle Belange des Versorgungsgeschehens zu entwickeln. Auf diese Weise fließen die Erfahrungen der Patientinnen und Patienten unmittelbar in die standes- und gesundheitspolitische Diskussion ein.

Eckdaten

  • Die Patientenberatungsstellen dokumentierten im Jahr 2019 33.488 Beratungen – ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr (35.532 Beratungen). Die meisten Ratsuchenden (86 Prozent) waren gesetzlich krankenversichert, circa sechs Prozent hatten eine private Vollversicherung. Diese Quoten entsprechen in etwa den Anteilen in der Allgemeinbevölkerung.

  • Die Beratungsgespräche wurden überwiegend telefonisch durchgeführt (73 Prozent). Unmittelbar problemlösend verliefen 76 Prozent aller Beratungen – der hohe Anteil an sofortiger Problemlösung konnte damit im Vergleich zu den Vorjahren auf einem stabilen Niveau gehalten werden. Viele Ratsuchende benötigen offensichtlich insbesondere erläuternde Sachauskünfte zu rechtlichen Themen wie auch zu Leistungsansprüchen.

  • Knapp ein Fünftel der Ratsuchenden (19 Prozent) wurden mit ihren Anliegen im Rahmen der Beratung an die zuständigen Stellen weiterverwiesen. Diese sind beispielsweise der behandelnde Zahnarzt, der Kostenträger oder die zuständige Zahnärztekammer beziehungsweise Kassenzahnärztliche Vereinigung. Bei rund acht Prozent der Ratsuchenden hat die Beratungsstelle zusätzlich beispielsweise einen externen Zahnarzt oder eine bestimmte Fachabteilung einer Körperschaft (zum Beispiel die Abrechnungs- oder Rechtsabteilung) für spezifische Unterstützung kontaktiert.

  • Der Anteil der Beschwerden liegt mit 4,4 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres. Von allen Beschwerden konnten rund 40 Prozent geprüft werden. Eine Prüfung setzt häufig voraus, dass schriftliche Unterlagen eingereicht werden. Diese Voraussetzungen werden beim telefonischen Erstkontakt geklärt. Wenn der Patient dann keine Unterlagen einreicht, kann die Beratungsstelle die Beschwerde nicht prüfen.

  • Wie in den vergangenen Jahren interessierten sich die Patienten auch in 2019 mehrheitlich für Themen aus den Bereichen Kosten und Recht – mit rund 55 Prozent (18.320) machten Fragen zu diesen Themen über die Hälfte aller Anfragen aus. Rund ein Viertel der Anfragen bezog sich auf Serviceleistungen wie Verbraucherinformationen, Adressen oder Anfragen zum Bonusheft (8.868). Bei 13 Prozent (4.489) der Beratungen waren spezifische Informationsbedürfnisse zu zahnmedizinischen Verfahren und Therapien der Anlass. Der Wunsch nach allgemeinen zahnmedizinischen Informationen machte rund fünf Prozent der Anliegen aus (1.811).

Schwerpunkt Patienten- und Versichertenrechte

Im Fokus des diesjährigen Berichts stehen Anfragen zu Patientenrechten sowie zu Leistungsansprüchen von Versicherten gegenüber ihrer Krankenversicherung – hierzu wurden die Kontaktdokumentationen detailliert ausgewertet. Im Jahr 2019 wurden die Beratungsstellen mehr als 5.100 Mal wegen patientenrechtlicher Belange kontaktiert, was rund 15 Prozent aller Beratungen entspricht. Beim Thema Patientenrechte ging es hauptsächlich um Einsicht in die eigenen Unterlagen, die Möglichkeit, eine Zweitmeinung zu einer geplanten Behandlung einzuholen, oder um die Frage der Gewährleistungspflicht bei einer Versorgung mit Zahnersatz. Auskünfte über den Umfang von Leistungen der Krankenkassen und die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen wurden mehr als 1.600 Mal eingeholt und machen damit rund fünf Prozent aller Beratungsanliegen aus. Auch bei diesen Anfragen ging es vielfach um Zahnersatz, gefolgt von Leistungsansprüchen bei zahnerhaltenden Therapien. Beratungen zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Kostenträger (Rechtsbehelfe) sind mit 0,8 Prozent aller Beratungsanliegen selten.

Die Patienten- und Versichertenrechte strukturieren ein komplexes Geflecht der unterschiedlichen Akteure im Gesundheitssystem. Aus Sicht der Patienten gilt es, die richtige Stelle zu identifizieren und den richtigen Ansprechpartner auszumachen: Gerade im Bereich der Zahnmedizin kommt es zum Zusammenspiel von gesetzlichen und privat finanzierten Leistungen und somit auch zur Beteiligung unterschiedlicher Kostenträger.

Das bundesweite Netz der zahnärztlichen Patientenberatungsstellen kann hier Orientierung geben.

Aus der Beratungspraxis

In zwei moderierten Gruppendiskussionen, die im Herbst 2019 mit Wissenschaftlern der Universität Magdeburg durchgeführt wurden, diskutierten insgesamt 22 Patientenberaterinnen und -berater aus ganz Deutschland ihre Erfahrungen. Die mit Tonband aufgezeichneten Diskussionen wurden transkribiert, nach Kategorien geordnet und einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen.

Wie die Berichte aus der Beratungspraxis zeigen, ist es für Patienten teilweise schwierig, ihre Rechte und Interessen im Alltag zu vertreten. Manche Ratsuchende sind sich ihrer Patientenrechte gar nicht bewusst oder trauen sich nicht, ihre Zahnärztin oder ihren Zahnarzt darauf anzusprechen. Viele wissen über die Zuständigkeiten in einem komplexen Gesundheitssystem nicht genügend Bescheid.

Zu den typischen Problemlagen zählt dabei, dass Patienten unsicher sind, ob und in welchem Umfang sie in ihre Behandlungsunterlagen Einsicht nehmen können. In anderen Fällen sind sich Ratsuchende im Unklaren darüber, wie sie Gewährleistungsansprüche geltend machen können, oder ihnen fehlt der zuständige Ansprechpartner bei ihrer Krankenkasse.

Vermittler in Sachen Patientenrechte

Patientenrechte regeln das Verhältnis zwischen den Patienten und ihren behandelnden Zahnärzten. Die Wahrnehmung von Patientenrechten setzt immer auch deren Kenntnis auf beiden Seiten voraus. Die Evaluation der zahnärztlichen Patientenberatung hat jedoch gezeigt, dass dies keineswegs immer der Fall ist. Eine frühe Phase der Beratung besteht häufig in der grundlegenden Aufklärung über die geltenden gesetzlichen Bestimmungen. So kann die Patientenberatung die Wahrnehmung der Patientenrechte im individuellen Fall unterstützen.

Auch wenn die Beratungen zu Patientenrechten innerhalb der zahnärztlichen Patientenberatung mit einem Anteil von rund 15 Prozent keinen zahlenmäßigen Schwerpunkt bilden, kommt dem Thema eine große Bedeutung zu, denn Patientenrechte liefern den Rahmen für ein vertrauensvolles Zahnarzt-Patienten-Verhältnis und dienen nicht zuletzt der Konfliktverhütung und -lösung im Behandlungsalltag.

Aus diesem Grund widmeten sich Spitzenvertreter der Zahnärzteschaft in diesem Jahr schwerpunktmäßig der Analyse dieses Themenfelds und diskutierten über die Möglichkeiten und Erfordernisse der Weiterentwicklung der zahnärztlichen Patientenberatung. Im Hinblick auf die Ergebnisse der Auswertung erklärte Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer: „Das Wissen um Berufspflichten und Patientenrechte muss immer wieder aufgefrischt werden. Kommunikation der Patientenrechte ist eine Daueraufgabe.“ Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, betonte die Bedeutung der Lotsenfunktion der zahnärztlichen Patientenberatung – auch im Hinblick auf Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen: „Wir brauchen [...] bedarfs- und bedürfnisgerechte Orientierungshilfen, die vulnerable Gruppen unterstützen, sich im Versorgungssystem zurechtzufinden und ihre Entscheidungen zu treffen.“

Fazit

Die Wahrnehmung von Patienten- und Versichertenrechten erfordert vom Patienten eine Orientierungsleistung, die übersichtliche Informationen über Anlaufstellen zu fachlichen, finanziellen und rechtlichen Fragen voraussetzt. Nicht alle Patienten können diese Informationen schlüssig verarbeiten, ihre Ansprüche erkennen und durchsetzen.

Die Patientenberatung muss das Dreieck Patient – Zahnarzt – Krankenversicherung abdecken und dabei zu manchmal komplexen Fragen und Sachverhalten beraten. Der Aufwand für Patienten, wenn sie ihre Rechte kennen und wahren wollen, ist hoch. Dies gilt insbesondere für vulnerable Bevölkerungsgruppen. Das bundesweite Beratungsnetz der zahnärztlichen Körperschaften kann im individuellen Fall für Aufklärung sorgen und in Konfliktfällen nach Lösungsmöglichkeiten suchen. An erster Stelle steht immer die Lösung der von Patientenseite eingebrachten Fragen und Anliegen.

Dr. Regine Chenot

Leiterin des Zentrums Zahnärztliche Qualität (ZZQ)

Chausseestr. 13, 10115 Berlin

Den Bericht „Zahnärztliche Patientenberatung 2019“ wie auch weitere Informationen finden Sie auf der Seitewww.patientenberatung-der-zahnaerzte.de.

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