Editorial

Sehenden Auges

Die Corona-Pandemie kann man sicherlich nicht schönschreiben. Dazu sind die Einschränkungen und wirtschaftlichen Einbußen bis hin zur Existenzgefährdung zu massiv. Von den politischen und sozialen Verwerfungen der vergangenen Wochen ganz zu schweigen.

Die Corona-Pandemie kann man sicherlich nicht schönschreiben. Dazu sind die Einschränkungen und wirtschaftlichen Einbußen bis hin zur Existenzgefährdung zu massiv. Von den politischen und sozialen Verwerfungen der vergangenen Wochen ganz zu schweigen.

Aber wie jede Krise sorgt die Pandemie dafür, dass die vorhandenen Ressourcen besser genutzt oder neue Wege erschlossen werden. Dazu gehört auch der verstärkte Einsatz von Videotechnik. Nun sind Videokonferenzen nicht wirklich etwas Neues. In vielen Unternehmen – insbesondere in multinationalen – sind sie seit einiger Zeit gang und gäbe. Schließlich kann man nicht für jedes halbstündige Meeting einmal über den Atlantik jetten. Telefonkonferenzen sind auf Dauer auch schwierig. Wichtige visuelle Informationen fehlen. Zudem ist der Mensch ein soziales Wesen, das sein Gegenüber bei der Kommunikation gerne sieht. Auch im privaten Bereich haben die Menschen, die sich nicht persönlich treffen konnten, verstärkt darauf zugegriffen, um ihre Freunde und Angehörigen sehen zu können.

In der bundesdeutschen Fläche hat man sich aber mit dem Einsatz von Videotechnik lange Zeit schwergetan – nicht zuletzt aufgrund teilweise fehlender Bandbreiten bei den Netzen. Aber nicht allein technische Limitationen haben den Vormarsch gebremst. Ein weiterer Grund ist, dass wir in einem Land leben, in dem die Wege vergleichsweise kurz sind und die Infrastruktur gut ausgebaut ist. Präsenzveranstaltungen und -treffen waren der Goldstandard. Auf der anderen Seite haben Arbeitgeber das mobile Arbeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufig argwöhnisch beäugt. Anwesenheit im Unternehmen war erwünscht, die Angst vor Kontrollverlust groß.

Durch die Pandemie und ihre einhergehenden Einschränkungen waren nun viele Menschen gezwungen, von zu Hause aus zu arbeiten und dabei Videotechnik einzusetzen. Und siehe da: Es funktionierte sehr oft – manch holprige Startschwierigkeit mal außen vorgelassen. Und Menschen, die zuvor damit fremdelten, haben die Möglichkeiten und Vorzüge kennen und schätzen gelernt. Kurzum: Der Einsatz von Videotechnik ist hierzulande selbstverständlicher geworden.

Dazu passt, dass sich die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der GKV-Spitzenverband darauf verständigt haben, ab dem 1. Oktober Videosprechstunden, Videofallkonferenzen, Telekonsilien und einen Technikzuschlag als Leistungen der Telemedizin neu in den BEMA-Katalog aufzunehmen. Auch im medizinischen Bereich ist Videotechnik natürlich nicht neu und war auch vor Corona schon auf dem Vormarsch. Durch die pandemiebedingten Einschränkungen der Zahnarzt-Patienten-Kontakte wurde aber auch hier an vielen Stellen neu gedacht beziehungsweise bewertet. Somit ist die Neuregelung ein folgerichtiger Schritt.

Natürlich sind Videosprechstunden nur in bestimmten Fällen möglich und sinnvoll. Zu den realistischen Szenarien gehört etwa das Abklären von Symptomen im Vorfeld eines Zahnarzttermins bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Beeinträchtigung. Auch für die Nachsorge bieten sich gute Möglichkeiten. Und Videofallkonferenzen können spürbare Entlastungen für Patienten, Zahnärzte und das Pflegepersonal bringen. Außerdem möglich werden videogestützte, arztgruppenübergreifende Telekonsilien.

Fest steht, dass die zwischen KZBV und GKV-Spitzenverband getroffene Regelung ein weiterer wichtiger Baustein beim Ausbau hin zu einer modernen zahnmedizinischen Versorgung ist. Videotechnik ist natürlich kein Allheilmittel, kann aber helfen, die Versorgung – insbesondere von vulnerablen Patientengruppen – effizienter zu machen und Erleichterungen für Patientinnen und Patienten zu schaffen. Das stärkt letztlich das Verhältnis zwischen Zahnärzten und Patienten. So kann Technik dazu beitragen, mehr Nähe herzustellen.

Sascha Rudat

Chefredakteur

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