Umfrage der apoBank zur Praxis- und Apothekenabgabe

Elf Prozent der Praxen schließen ohne Nachfolge

Weniger schwierig als gedacht zeigt sich der Abgabeprozess von Praxen und Apotheken, wie eine Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) ergab. Dennoch: Um einen guten Erlös zu erzielen, lohnt es sich demnach, noch einmal vor dem Verkauf zu investieren. Trotzdem wird der angestrebte Erlös nicht immer erreicht. Und rund jeder Zehnte muss seine Praxis ohne Nachfolge schließen.

„Abgabe – zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ lautete der Schwerpunkt einer Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Sie untersuchte den Prozess der Praxis- oder Apothekenabgabe bei insgesamt 400 Heilberuflerinnen und Heilberuflern, die entweder noch vor der Abgabe stehen oder bereits abgegeben haben. Befragt wurden 100 Allgemeinmediziner, 100 Fachmediziner, 100 Zahnmediziner und 100 Apotheker. 200 von ihnen waren Noch-Inhaber, 200 bereits Ex-Inhaber. Gefragt wurde nach den Herausforderungen beim Verkauf der eigenen Praxis oder Apotheke. Gegenübergestellt wurden die Erwartungen der Noch-Inhabern (Wunsch) und die Erfahrungen der Ex-Inhaber (Wirklichkeit).

Entscheidender Auslöser für die Einleitung der Abgabe war der Umfrage zufolge der Eintritt ins Rentenalter, gefolgt von dem Ziel, mehr Zeit zu haben und das Leben zu genießen. Ferner spielten Aspekte wie die Veränderung der Berufsausübung und der Wunsch nach weniger Arbeit und Verantwortung eine Rolle. Kaum ins Gewicht fielen dagegen finanzielle Gründe.

Laut Umfrage gestaltete sich der Abgabeprozess der Praxis oder Apotheke schneller als zunächst vermutet. Während die Schätzungen der Noch-Inhaber im Vorfeld bei zwei Jahren und vier Monaten lagen, waren es im Durchschnitt acht Monate weniger, die die befragten Ex-Inhaber für den Prozess benötigt hatten. Dabei stieg gut die Hälfte (55 Prozent) sofort aus, die anderen entschieden sich für einen sanften Übergang in den Ruhestand und blieben durchschnittlich noch 20 Monate gemeinsam mit ihrer Nachfolge im Dienst.

Auch zeigte sich laut Umfrage, dass sich die Nachfolgesuche, Wertermittlung und Planung weniger mühsam gestaltete als erwartet. Auf die Frage, welche Kriterien bei der Abgabe besonders herausfordernd sein würden, nannten 69 Prozent der befragten Noch-Inhaber, einen geeigneten Interessenten zu finden. In der Praxis gestaltete sich dieser Punkt etwas leichter als gedacht, dennoch machten 37 Prozent tatsächlich diese Erfahrung. Insgesamt hat laut Umfrage gut die Hälfte an eine zuvor unbekannte Person abgegeben, 24 Prozent an eine Kollegin oder Kollegen und neun Prozent an ein Familienmitglied. Auch das persönliche Netzwerk konnte hilfreich sein und war bei 14 Prozent erfolgreich.

Für viele der befragten Heilberuflerinnen und Heilberufler stellte es eine Herausforderung dar, den Wert ihrer Praxis oder Apotheke marktgerecht einzuschätzen. Für die Mehrheit (67 Prozent) der Inhaber, die die Abgabe bereits hinter sich hatten, stellte sich die Wertermittlung als wenig problematisch heraus. Auch die organisatorische Planung des Abgabeprozesses wurde im Nachhinein als weniger mühsam bewertet als zuvor befürchtet (14 Prozent versus 29 Prozent).

Abstriche bei den Preisvorstellungen

Ein wichtiges Thema bei der Abgabe war die Frage nach dem Erlös. Einen guten Erlös zu erzielen, bereitet im Vorfeld 53 Prozent der Befragten Bauchschmerzen. Dazu gaben 36 Prozent der Noch-Inhaber an, dass bei der Nachfolgersuche das beste Angebot entscheidend sein werde. De facto mussten 44 Prozent derjenigen, die den Verkauf schon hinter sich hatten, bei den eigenen Preisvorstellungen aber Abstriche machen. Ein wichtiger Aspekt er Umfrage: Wer einen guten Wert erzielen möchte, sollte vorab noch einmal Maßnahmen zur Wertsteigerung vornehmen, um die eigene Praxis oder Apotheke auf den neuesten Stand zu bringen: Jeder Zweite entschied sich vor Verkauf für derartige Investitionen. Die Mehrheit (60 Prozent) der Befragten war sich einig, dass sich diese mehr als gelohnt hatten. Dabei handelte es sich in der Regel um Maßnahmen zur Digitalisierung, die Anschaffung neuer Geräte oder die Modernisierung der Räumlichkeiten.

Auch Investorenangebote waren für die Befragten interessant. Sofern kein Übernehmer gefunden wurde, zeigten sich laut Umfrage 59 Prozent bereit, die eigene Praxis an einen Investor zu verkaufen. Für 41 Prozent wäre ein höherer Verkaufspreis ebenfalls ein Argument für eine Investorenlösung. Gut ein Fünftel (21 Prozent) schloss eine solche Option aus. Auf der Seite derjenigen, die den Verkauf bereits abgewickelt hatten, wäre das sogar für mehr als die Hälfte (55 Prozent) gar nicht in Frage gekommen, wie es in der Befragung heißt.

„Viele Zahnarztpraxen finden keine Nachfolger“

Der Markt für den Verkauf und Kauf von Zahnarztpraxen hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten spürbar verändert. So sank die Anzahl der an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzte (Praxisinhaber) um über 7.000 beziehungsweise um 15 Prozent (Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, KZBV 2023). Parallel nahm die Anzahl der angestellten Zahnärzte allerdings rasant um etwa 17.700 beziehungsweise 280 Prozent zu (Bundeszahnärztekammer 2023).

Dieses zweigeteilte Bild illustriert auf der einen Seite, dass die vertragszahnärztliche Versorgung weiterhin gewährleistet ist – die nachrückenden Zahnärzte kommen größtenteils in der Patientenversorgung an. Die helle Seite des Bildes wirft jedoch zugleich einen dunklen Schatten auf die Perspektiven des zahnärztlichen Berufsstandes, zeigt sie doch in aller Deutlichkeit, dass die Nachfrage nach Praxisübernahmen spürbar rückläufig ist. Aus dem einstigen Nachfrageüberhang ist seit 2007 ein Angebotsüberhang geworden (Abbildung).

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Die Zahl der an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmende Zahnärzte zeigt: Ein deutlich höherer Anteil der abzugebenden Praxen findet keine Nachfolgerin und keinen Nachfolger.

Im Zeitraum zwischen 2005 und 2022 standen im Durchschnitt 1.938 Abgängen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung lediglich 1.371 Zugänge gegenüber. Hier klafft also eine erhebliche Lücke von jährlich 567 fehlenden potentiellen Existenzgründerinnen und Existenzgründern. Die Abbildung verdeutlicht, dass die Kluft auch nicht zwischenzeitlich wieder schmaler geworden wäre, sondern sich seit 2017 tendenziell noch vergrößert hat.

Zu der jüngsten Entwicklung dürfte wohl auch die ambivalente Rolle der Medizinischen Versorgungszentren beigetragen haben. Diese treten, soweit es sich nicht lediglich um eine Umfirmierung bereits bestehender Praxen handelt, einerseits als Nachfrager auf dem Praxisabgabemarkt auf. Andere potentielle Nachfrager in deren Umkreis werden andererseits von einer Niederlassung abgeschreckt. Und die MVZ vergrößern zusätzlich das Angebot an Anstellungsverhältnissen für den zahnärztlichen Nachwuchs, der dann die Entscheidung für eine Niederlassung in eigener Praxis verschiebt oder gar verwirft.

Ein weiteres Phänomen kommt verschärfend hinzu: Ein gewisser Anteil der Neuniederlassungen geht nämlich nicht mit der Übernahme einer Praxis einher, sondern stellt eine komplette Neugründung dar. Im Jahr 2005 entfiel auf Neugründungen noch ein Anteil von über 21 Prozent aller zahnärztlichen Existenzgründungen, schließlich gab es zur dem Zeitpunkt noch den beschriebenen Nachfrageüberhang, das heißt, nicht jeder Interessent konnte im Jahr 2005 eine Praxis übernehmen. Der Anteil der Neugründungen ist seither kontinuierlich gefallen und liegt derzeit bei etwa 12 Prozent. Manche Existenzgründenden bevorzugen generell eine reine Neugründung, da sie mehr Freiheiten bietet und man sich nicht an den Usancen und Strukturen der früheren Praxisinhaber orientieren muss (Klingenberger 2018).

Die Befragung der apoBank zur Praxis- und Apothekenabgabe vom Oktober 2023 ergab einen durchschnittlichen Anteil von 11 Prozent, in denen für die Praxis oder Apotheke kein Nachfolger gefunden wurde. Generell ist die demographische Situation für Haus- und Fachärzte, Zahnärzte und Apotheker vergleichbar – hier ist also fachübergreifend generell mit einem Angebotsüberhang zu rechnen.

Die obige Skizzierung der momentanen Situation macht aber auch deutlich, dass zumindest in der zahnärztlichen Welt derzeit ein deutlich höherer Anteil der abzugebenden Praxen keine Nachfolgerin und keinen Nachfolger findet. Je nach Region dürfte realistischerweise etwa ein Fünftel bis ein Drittel der Abgänge aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ohne „happy end“ einer Praxisnachfolge bleiben, mit allen Folgen für die Altersversorgung der ausscheidenden Zahnärztinnen und Zahnärzte.

Dr. rer. pol. David Klingenberger, Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Köln, April 2024

Literaturliste

  • Bundeszahnärztekammer, BZÄK (2023): Statistisches Jahrbuch 2022/2023. Berlin.

  • Kassenzahnärztliche  Bundesvereinigung (KZBV) (2023): Jahrbuch 2023: Statistische Basisdaten zur  vertragszahnärztlichen Versorgung. Einschließlich GOZ-Analyse. Köln: KZBV.

  • Klingenberger, David (2018): Die zahnärztliche Niederlassung. Stand der Forschung zur Praxisgründung. Köln: Deutscher Zahnärzte Verlag DÄV (IDZ-Materialienreihe, Bd. 36).

Viele der Befragten hatten den Erlös aus dem Verkauf der Praxis oder Apotheke für ihre Altersvorsorge eingeplant. Für 55 Prozent der befragten Noch-Inhaber sollte der Ertrag aus dem Verkauf der eigenen Praxis oder Apotheke vor allem zur Finanzierung des Ruhestands dienen. Dass dieser Plan nur zum Teil aufging, zeigen die Antworten der Ex-Inhaber: Nur 24 Prozent konnten mit dem Erlös die Altersvorsorge im größeren Umfang bestreiten, heiß es in der Umfrage.

Ob der Verkauf den gewünschten Erlös erbringe, hänge von verschiedenen Faktoren ab, kommentierte die apoBank dazu. Dazu gehörten Aspekte wie Standort, Modernisierungsgrad der Ausstattung oder Fachrichtung. Er könne in die Planung miteinbezogen sein, sollte aber nicht die tragende Rolle spielen. Die Empfehlung: Altersvorsorge sollte nach mehreren Seiten hin erfolgen, wie etwa Rente aus dem Versorgungswerk, private Vorsorge oder Vermögensbildung. Die Gründe, weshalb jeder zehnte Inhaber seine Praxis oder Apotheke ohne Nachfolge schließt, sind vielfältig, wie die apoBank weiter analysiert. Mal handele es sich um eine Praxis auf dem Dorf, mal um eine Apotheke mit zu geringem Ertrag. Aus diesem Grund sei es besonders wichtig, sich rechtzeitig mit dem Thema Abgabe zu beschäftigen und diese aktiv vorzubereiten.

Die Befragung wurde vom 7. Juli 2023 bis zum 7. August 2023 online auf Basis einer quotierten Stichprobenziehung aus dem Panel der apoBank durchgeführt. Mit der Durchführung der Umfrage wurde das Marktforschungsinstitut anwema (Köln) beauftragt. Die Umfrage wurde auch auf dem Fachärztetag des Spitzenverbandes der Fachärzte Deutschlands am 14. März in der Fachöffentlichkeit diskutiert.

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