Ein großer Wurf?

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Wenn Sie dieses Heft in der Hand halten, wird das Mitgliedervotum der SPD zum Koalitionsvertrag frisch verkündet worden sein. Auf 144 Seiten haben Union und SPD zusammengefasst, welche Ziele eine neue Regierung verfolgen will und wie sie diese umzusetzen gedenkt. Man hat ja schon im Wahlkampf gesehen, dass das Thema Gesundheit nur peripher vorkam. Und welchen Stellenwert hat es im Koalitionsvertrag? Die Fakten: Das Thema „Gesundheit und Pflege“ wird im Punkt 4.2 auf den Seiten 105 bis 113 zwischen den Punkten „Familien, Frauen, Jugend, Senioren und Demokratie“ und „Kommunen, Sport und Ehrenamt“ abgehandelt. Noch Fragen? Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht, aber für einen Bereich, bei dem es um zentrale Fragen der Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger geht, erscheint mir das doch reichlich unterbewertet. Nicht, dass wir nicht genug andere große Baustellen in diesem Land hätten, aber die gesundheitliche Versorgung ist ein Thema, das wirklich für jeden im Laufe seines Lebens eine Rolle spielt.

Und gleich zu Beginn geht es natürlich um das Thema Geld beziehungsweise die Stabilisierung der Beitragssätze: „Wir wollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auch langfristig stabilisieren und zugleich eine hohe Qualität und ein hohes Niveau der Leistungen sichern. Wir wollen die Einnahmen durch ein höheres Beschäftigungsniveau vergrößern und die Kosten auf der Ausgabenseite reduzieren“, heißt es im Koalitionsvertrag so blumig wie nichtssagend. Um dieses hehre Ziel zu erreichen, soll eine Experten-Kommission bis zum Frühjahr 2027 nach Blick auf die gesundheitspolitischen Vorhaben der Koalition weitere konkrete Maßnahmen vorschlagen. Also in zwei Jahren, in der Mitte der Legislaturperiode. Diese konkreten Maßnahmen müssten dann natürlich noch umgesetzt werden. Da darf man gespannt sein.

Aber direkt nach den Fragen der Finanzierung befasst sich der Koalitionsvertrag auf satten neun Zeilen schon mit dem Thema Prävention, das man ganz dufte findet und natürlich fördern will. Dann wird ja alles gut. Ansonsten will man ein iMVZ-Regulierungsgesetz schaffen. Wie das konkret aussehen soll, bleibt offen. Dafür möchte man im ambulanten Sektor die Länderbeteiligung in den Zulassungsausschüssen über eine ausschlaggebende Stimme stärken und eine kleinteiligere Bedarfsplanung ermöglichen. Das wird bestimmt super.

Was man im Koalitionsvertrag hingegen vergeblich sucht, sind die Begriffe Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit oder gar ein Bekenntnis zu beidem. Dafür möchte man aber die industrielle Gesundheitswirtschaft stärken. Dann sind die Prämissen ja klar. Wenn Sie jetzt einen mittelstarken Sarkasmus herausgelesen haben, liegen Sie richtig. Denn eine wirkliche Idee oder Vision, wie unser Gesundheitswesen künftig aussehen soll, sucht man umsonst. Das passt dann wieder zum wenig zukunftsweisenden Titel des Koalitionsvertrags „Verantwortung für Deutschland“.

Aber jenseits großer Politik beschäftigt sich dieses Heft in der Fortbildung zur Kariesexkavation mit der grundlegenden Frage: Wie viel Karies muss entfernt werden, was kann belassen werden? Unsere Autoren erklären dabei ihre jeweils unterschiedliche Herangehensweise und stellen ihre Sichtweise klinisch und wissenschaftlich fundiert dar. In dieser Ausgabe geht es neben der Einleitung ins Thema zunächst um die Kariestherapie im Milchzahngebiss und in einem weiteren Artikel um die Frage, wie viel Karies belassen werden kann. In der nächsten Ausgabe geht es dann weiter mit der anderen Seite der Medaille und der Frage, wie viel entfernt werden muss. Ein weiterer Beitrag wird sich mit der Therapie der Wurzelkaries beschäftigen. Also genug Stoff für eine intensive Diskussion.

Viel Spaß bei der Lektüre

Sascha Rudat
Chefredakteur

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