Echte Reformen – jetzt aber wirklich!
Die Krankenkassen schlagen – wieder einmal – Alarm. Sollte die Politik nicht eingreifen, seien ob der Defizite der Kassen erneute Beitragserhöhungen Anfang 2026 unausweichlich, so Doris Pfeiffer, Chefin des GKV-Spitzenverbands. Auch wenn Klagen bei den Kassen ein Stück weit zum Handwerk gehört: Die Lage ist ernst. Auf 6,2 Milliarden Euro belief sich das Kassendefizit vergangenes Jahr – Tendenz steigend. Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat bereits angekündigt, die Kranken- und Pflegeversicherung „vorübergehend“ mit Geld aus dem Bundeshaushalt zu stützen. Das hatte auch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken gefordert. Man dürfe „die Probleme nicht dauerhaft einfach nur mit immer mehr Steuergeld kitten“, sagte Klingbeil in einem Interview. Experten würden deswegen mutige Strukturreformen erarbeiten, so der SPD-Vorsitzende. Ähnlich hatte sich bereits Kanzler Merz geäußert. Wir dürfen sehr gespannt sein, wie groß der Reformwille der Regierungskoalition wirklich ist. Dazu gehört auch endlich das Herausnehmen von versicherungsfremden Leistungen aus der Kranken- und Pflegeversicherung. Einen ernsthaften Willen, dies umzusetzen, konnte man bisher bei keiner Regierung erkennen. Natürlich tut es weh, wenn das Geld für diese Leistungen an anderer Stelle beschafft werden muss, aber gesamtgesellschaftliche Aufgaben sollten nun einmal durch Steuern finanziert werden und nicht aus den Sozialsystemen. Punkt.
Das vom GKV-Spitzenverband geforderte Ausgabenmoratorium ist aber nur ein mäßig kluger Weg, die Lage in den Griff zu bekommen. Statt den Rasenmäher anzuwerfen – oder um im Bild zu bleiben, den Mähroboter, der ständig alles gleichmäßig kürzt – sollten lieber die Bereiche ins Visier genommen werden, die wirklich die großen Kosten verursachen. Und das sind die Kliniken und die Arzneimittel. Die zahnmedizinische Versorgung gehört nicht dazu, um es an dieser Stelle der Vollständigkeit halber noch einmal zu erwähnen. Deren Anteil an den GKV-Kosten ist kontinuierlich gesunken. Wir werden sehen, welchen Weg die neue Regierung gehen wird.
In der Titelgeschichte dieser Ausgabe zeigen wir, wie es gelingen kann, ausländische Fachkräfte ins Praxisteam zu integrieren. Da gibt es zum einen die rechtliche Ebene. Während die Berufsanerkennung von Zahnärztinnen und Zahnärzten aus der EU noch vergleichsweise einfach ist, ist dieser Prozess bei Menschen aus sogenannten Drittstaaten um einiges komplexer. Hier geben wir einen Überblick – genauso wie über die Fördermittel, die beantragt werden können, wenn Menschen aus dem Ausland beschäftigt werden.
Neben den rechtlichen Voraussetzungen gibt es natürlich auch die fachliche und die menschliche Ebene, die bei der Einarbeitung und Integration von Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland bedacht werden muss. Wir zeigen anhand eines Beispiels und im Gespräch mit einer Expertin, wie Praxen das Onboarding als Team-Leistung am besten angehen können.
Dann werfen wir in dieser Ausgabe einen Blick über den großen Teich – genauer gesagt auf das US-amerikanische Gesundheitswesen, das derzeit in Rekordgeschwindigkeit zerlegt wird. Und das nicht etwa von der Pharmaindustrie oder den Krankenhauskonzernen, sondern von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. und seinen Gefolgsleuten himself. Evidenzbasierte Medizin scheint unter Präsident Trump und dem Impfgegner Kennedy in den USA endgültig ausgedient zu haben. Immer mehr Bundesstaaten stoppen die Trinkwasser-Fluoridierung, gleichzeitig sollen Fluorid-Produkte für Kinder vom Markt genommen werden. Die Folgen für die Mundgesundheit der US-Bürger wird man in einigen Jahren erleben können.
In Deutschland wird Prävention glücklicherweise weiterhin der Stellenwert eingeräumt, der ihr zusteht. So wurde kürzlich im Gemeinsamen Bundesausschuss auf Antrag der KZBV beschlossen, ab 2026 die zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen ins „Gelbe Heft“ aufzunehmen. Ein richtiger und wichtiger Schritt hin zu einer noch besseren Mundgesundheit von Kindern.
Viel Spaß bei der Lektüre
Sascha Rudat
Chefredakteur