1.000 Zähne unter Melbournes künftiger U-Bahn entdeckt
Bei dem 11 Milliarden Dollar teuren Bauprojekt sollen bis 2025 fünf neue U-Bahn-Stationen entstehen, berichtenMelbourner Medien. Im Laufe der Ausschachtungen stießen Bauarbeiter nun zufällig auf den Fund.
Die Zähne, die in der Nähe von Forsters Praxis gefunden wurden, sind ein Zeugnis des Schreckens der viktorianischen Zahnmedizin. Im Zentrum der Stadt praktizierten damals mehrere Zahnärzte. Der prominenteste war JJ Forster. Forster galt als sehr wohlhabend, und im Jahr 1909 drohte ein 16-jähriger Junge den Zahnarzt zu erschießen, wenn er ihm nicht sofort 50 Pfund aushändigen würde.
Er rühmte sich damit, dass er Zähne "wahrhaftig ohne Schmerzen" ziehen könnte
In Zeitungsanzeigen rühmte sich Forster, er könne Zähne "wahrhaftig ohne Schmerzen" entfernen. Prof. Mark Evans von der Universität Melbourne bezweifelt das. Wie der Endodontologe berichtet, war die Anästhesie in der ZahnmedizinAnfang 1900er Jahre in der Regel auf Kokain, Novocain oder Lachgas beschränkt. Doch waren die Wirkstoffe natürlich längst nicht so zuverlässig oder langanhaltend wie das heutige Lidocain oder Articain. Es gab weder Paracetamol oder Ibuprofen für Schmerzen nach dem Eingriff noch Antibiotika zur Bekämpfung der Infektion.
Die Mittel ließen die Patienten in qualvollem Schmerz zurück, sobald ihre Wirkung nachließ. Eine Zahnextraktion war somit möglicherweise weniger schmerzhaft als die Behandlung mit einem vibrierenden pedalgetriebenen Bohrer.
Die Ausgrabungen in Melbourne haben rund eine halbe Million anderer Alltagsschätze aus dem historischen Melbourne ans Tagelicht befördert. Neben den Zähnen fanden Archäologen auf dem Gelände einer ehemaligen Bar aus dem 19. Jahrhundert Gegenstände, die wahrscheinlich zum Spielen benutzt wurden, darunter 20 Rinderknochen und Elfenbeinwürfel, darüber hinaus ein Paar Ohrringe, die von der Trauerkleidung der Königin Victoria inspiriert wurden. Außerdem ein deutscher Spielzeugsoldat aus den 1850er Jahren. Älteste r Gegenstand: ein Baumstumpf aus Melbournes vorkolonialem Wald.
Evans, der die Artefakte untersucht und katalogisiert, sagt, viele der Zähne zeigten Spuren hochgradiger Karies und Parodontitis, was darauf hindeutet, dass die Patienten unter großen Schmerzen gelitten haben mussten, bevor Forster sie erlöste. "Zahnmedizin in Form von Extraktion war oft der letzte Ausweg und keine präventive Maßnahme.“
Die Zähne spülte er wahrscheinlich in die Toilette
Sobald seine Patienten die Praxis verlassen hatten, schien Forster übrigens so schnell wie möglich ihre Zähne loswerden zu wollen.