"95 Prozent der Bevölkerung haben Antikörper gegen das Coronavirus"
„Die Immunitätsstudie ist ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Corona-Datenlage", sagte Stark-Watzinger gestern bei der Vorstellung der Zwischenergebnisse der Studie, die im Rahmen des Netzwerks Universitätsmedizin durchgeführt und vom Bundesforschungsministerium mit rund drei Millionen Euro gefördert wird. "95 Prozent der Bevölkerung besitzen bereits Antikörper gegen das Coronavirus."
Die IMMUNEBRIDGE-Studie liefert den Forschern zufolge "hochrelevante Informationen zum bestehenden Immunitätsschutz vor schweren Verläufen sowie Infektion im Kontext der Corona-Pandemie in Deutschland". Mit den Analysen werde das gesamte Spektrum von der Allgemeinbevölkerung über Kinder und Jugendliche bis hin zu den vulnerablen Risikogruppen infektionsepidemiologisch erfasst.
Extra-Maßnahmen nur bei einer neuen gefährlichere Variante
Demnach ist ein Großteil der Menschen in Deutschland im kommenden Herbst und Winter moderat bis gut gegen schwere Corona-Verläufe geschützt. Dank der Daten könne man Stark-Watzinger zufolge nun Modelle verbessern, um verschiedene Pandemie-Szenarien zu simulieren. "Mit Blick auf den Entscheidungsspielraum der Länder heißt das: Sie müssen nur dann auf zusätzliche Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zurückgreifen, falls sich eine neue gefährlichere Variante durchsetzen sollte."
Ein geringer Schutz besteht offenbar gegen Omikron
Trotz hoher Prävalenz von Antikörpern gegen das S-Antigen (95 Prozent) und das N-Antigen (48 Prozent) in der Bevölkerung scheint den Forschern zufolge allerdings nur ein geringer Schutz in der Bevölkerung gegen Infektion mit der zu diesem Zeitpunkt in Deutschland dominierenden SARS-CoV-2-Variante zu bestehen, wie die stattgefundene Sommerwelle und die wieder ansteigenden Fallzahlen seit Ende September zeigen.
Dies bedeute, dass bei entsprechend veränderten SARS-CoV-2-Varianten auch weitere Infektionswellen mit relevanter Morbidität auftreten können. Außerdem zeigten sich relevante Lücken insbesondere bei Menschen mit Vorerkrankungen sowie in bestimmten Bevölkerungsgruppen und in verschiedenen Regionen von Deutschland.
eine große Immunitätslücke haben weiterhin die Risikogruppen
"Die Daten zeigen auch, dass wir eine deutliche Immunitätslücke in den Risikogruppen haben und dass Impfkampagnen bei über 70-Jährigen dringend notwendig sind", hebt IMMUNEBRIDGE-Sprecher Prof. Dr. Hendrik Streeck vom Institut für Virologie der Universitätsklinik Bonn, hervor. So haben 85 Prozent der Menschen im Alter von 60 bis 64 Jahren , 64 Prozent im Alter von 65 bis 79 Jahren und 40 Prozent der über 79 -J ährigen noch keine vierte Impf dosis erhalten . I n de r Altersgruppe der über 79 -Jährigen haben 38 Prozent noch keine vier durch Antikörper bestätigten Expositionen gehabt; bei 5 Prozent liegen laut Studie noch keine drei Expositionen vor.
Zwei Drittel der Kinder sind nicht geimpft
Relevante Unterschiede lassen sich demnach auch zwischen Kindern und Jugendlichen auf der einen Seite und Erwachsenen auf der and eren Seite erkennen. Dabei weise der hohe Anteil an nicht geimpften Kindern (6 7 Prozent ) auf die in dieser Altersgruppe eingeschränkte Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission ( STIKO ) hin, welche zunächst nur eine Impfempfehlung für Jugendliche und Kinder mit Grunderkrankungen war .
Und obschon der Anteil der Mens chen mit geringem Schutz zunächst im Vergleich zur Mehrheit mit hohem Schutz klein wirke , weisen die Autoren darauf hin, dass beispielsweise in der 4. Welle Ende 2021 die Infektion von nicht mehr als 4 bis 8 Prozent der Gesamtbevölk erung durch die Delta variante bereits zu einer deutlichen Belastung im ambulanten und stationären Versorgungssektor geführt habe .