99,8 Prozent der Apotheken blieben während der Pandemie geöffnet
„Deutschland ist bisher gut über die Krise gekommen“, zog ABDA-Präsident Friedemann Schmidt im Rahmen einer Online-Pressekonferenz Bilanz. „Das Ziel, dass Ärzte nicht zu Triage-Entscheidungen gezwungen wurden, ist erreicht worden, das ist das vielleicht Wichtigste überhaupt.“
Auch die Apotheker standen tapfer an vorderster Front, befand die ABDA: „Was nicht funktioniert hat, war die Versorgung mit Schutzausrüstung, darunter hatten die Apotheker massiv zu leiden. In den letzten Wochen ist das etwas besser geworden.“ Nun sind die Apotheken mit Sicherheitseinrichtungen wie zum Beispiel Plexiglas-Verkleidungen ausgestattet. „Die Apotheken sind zu 99,8 Prozent in den vergangenen Wochen am Netz geblieben“, sagte Schmidt, „nur 30 Apotheken mussten bundesweit zeitweise schließen.“
Massive Verschärfung der Medikamenten-Engpässe
Dauersorge der Branche sind seit Jahren Medikamenten-Engpässe: „Sie haben sich im Rahmen der Corona-Krise massiv verschärft“, so Schmidt, inzwischen aber wieder etwas reduziert. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 91 Prozent aller deutschen Apotheker verzeichneten 2019 laut einer ABDA-Umfrage "stark zunehmende" Liefer-Engpässe, die übrigen 8,3 Prozent „zunehmende“ Engpässe. Positiv entwickelte sich das Botendienst-Angebot der Apotheken im Rahmen der Pandemie: Sie erhöhten ihre Botendienste von 300.000 pro Tag im Januar 2020 um 50 Prozent auf 450.000 pro Tag im März.
Trinkalkohol für den ABDA-Präsidenten
Friedemann Schmidt, der in Leipzig eine Apotheke betreibt, erzählt: „Den Tag, an dem vor meiner Apotheke 500 Liter Trinkalkohol angeliefert wurden, werde ich nie vergessen. Wir haben ihn bis zum letzten Tropfen in Händedesinfektionsmittel verwandelt.“ Dies sei nicht nur eine amüsante Episode, sondern habe durchaus ernsten Hintergrund: „Es ist ein starkes Plädoyer für die Qualifikation der Arzneimittelherstellung in der öffentlichen Apotheke.“ Dass Apotheker plötzlich Desinfektionsmittel herstellten, habe „gezeigt, wie wichtig Apotheken in einer Krisensituation sind.“ 2019 wurden für die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) schätzungsweise rund 12 Millionen Rezepturen hergestellt.
Neues statistisches Jahrbuch
Anlässlich des „Tages der Apotheke“ wurde heute auch das Statistische Jahrbuch „Die Apotheke: Zahlen, Daten, Fakten 2020“ präsentiert. Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA: „Wir haben immer weniger Betriebe, die aber immer mehr Personal brauchen, um die Patienten gut versorgen zu können. Und gutes Personal kostet Geld. Dabei hinkt die Honorierung der Apotheken seit Jahren hinter Richtgrößen wie Krankenkasseneinnahmen, Bruttoinlandsprodukt oder Verbraucherpreisindex hinterher. Die Umsatzrendite ist seit 2013 rückläufig und liegt im Durchschnitt nur noch bei 5,7 Prozent. Die Krankenkassen haben zwar wachsende Arzneimittelausgaben, aber der Anteil der Apothekenvergütung an den Leistungsausgaben ist rückläufig und beträgt nur noch 2,1 Prozent.“ In Deutschland gibt es laut ABDA 19.075 Apotheken, die 160.588 Menschen beschäftigten, davon 89,1 Prozent Frauen.
Die Zahl der Apotheken ist in Deutschland seit vielen Jahren rückläufig. 2011 gab es 21.238 Betriebsstätten, 2017 wurde die in Pharmazeutenkreisen als magisch geltende Grenze von 20.000 geknackt – da waren es nur noch 19.748. 88 Prozent der Deutschen haben eine Stamm-Apotheke, 83 Prozent der Bundesbürger haben Vertrauen in ihren Apotheker, 93 Prozent sind mit ihrer öffentlichen Apotheke vor Ort laut ABDA-Umfrage „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“.
Im Durchschnitt versorgen 23 Apotheken etwa 100.000 Einwohner in Deutschland.
Forderungen an die Politik
„Die Apotheken brauchen dringend eine ordnungspolitische Perspektive für die nächsten Jahre“, so Friedemann Schmidt. Drei Schritte erwarten die Apotheker von der Politik: Die Festpreisbindung für rezeptpflichtige Medikamente muss dringend wiederhergestellt werden, das E-Rezept muss ohne Einfluss von Dritten in die Apotheke gelangen, und während der Pandemie eingeführte, sinnvolle Versorgungsverbesserungen wie der Zuschuss zum Botendienst sollten verstetigt werden.“