Anstellung

Abseits der Praxis (18): Der Ironman

nh
Gesellschaft
3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen - wer das schafft, darf sich zu Recht "Ironman" nennen. Wie auch Zahnarzt Demian Barrenstein aus Schwelm.

zm-online: Herr Barrenstein, Sie sind begeisterter Triathlet, ehemaliger Leistungsschwimmer, dürfen sich zu Recht "Ironman" nennen  - und Sie sind Zahnarzt. Wie vereinbaren Sie Hobby und Beruf?

Demian Barrenstein:

Es ist alles eine Frage der Organisation und des Wollens. Ohne Sport fühle ich mich schlecht, bin oft mental überspannt. Nach einer Runde Laufen bin ich für alle Mitmenschen wieder total umgänglich. Meine Frau hat mich mit meinen vielen Hobbys kennengelernt und es für sich adaptiert. Durch den gemeinsamen Beruf können wir uns gegenseitig Freiräume schaffen, um unseren Aktivitäten nachzugehen. Außerdem sind wir Freunde einer guten Work-Life-Balance. Da wird die Praxis schon öfter mal zugemacht.

Im vergangenen Sommer haben Sie sich für die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii im Oktober 2016 qualifiziert. Wie sah Ihr typischer Tagesablauf aus, als Sie für den Wettkampf trainiert haben?

06:30 Uhr Aufstehen, Kids fertig machen, zum Kindergarten bringen. Von 08:00 Uhr bis 13:00 Uhr arbeiten, Mittagspause, Kids vom Kindergarten abholen, 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr Arbeiten, Abendessen, 19:00 Uhr Kids ins Bett, ab zum Sport - je nach anstehender Disziplin 1 bis 3 Stunden, inklusive Stretching, Krafttraining etc.  Alle langen Einheiten konnte ich Mittwoch vormittags absolvieren, da habe ich frei, ansonsten natürlich viel am Wochenende. In intensiven Phasen waren das 20 Stunden die Woche.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus, wenn Sie sich gerade in einer Ruhephase befinden?

Vom Grundprinzip bleibt alles gleich, nur die zeitlichen Umfänge ändern sich. Da werden dann aber auch gerne mal ein paar Trainingseinheiten gegen ein Bier mit Freunden und Abende mit meiner Frau eingetauscht. In Summe bin ich kein Asket, ich mache das alles, weil es mir Spaß macht und ich mich wohl damit fühle.

Ein Ironman besteht aus drei Disziplinen: 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und dann noch 42 km Laufen. Man könnte alle Teilnehmer eines solchen Wettkampfs für verrückt halten. Was reizt Sie an diesem extremen Sport?

Als Triathlet hat man immer im Kopf, einmal über diese lange Distanz zu gehen. Das gehört sozusagen zum guten Ton. Dass es mir so liegen würde, um an der Weltspitze zu agieren, hatte ich nicht gedacht. Marathons bin ich schon einige gelaufen seit ich 18 Jahre alt bin, die einzelnen Disziplinen waren alle schon in den Umfängen locker machbar, es reizte die Summe aller Disziplinen. Das ist nicht mal eben gemacht.

Ich war schon immer sehr zielstrebig und kann mich gut quälen, das kommt einem bei einem 10-Stunden-Wettkampf sehr zugute. Ein solches Rennen läuft ganz viel im Kopf und über die Erfahrung, deshalb war jetzt der richtige Zeitpunkt. Mit 20 hätte ich das so nicht geschafft. Außerdem hätte mir damals das nötige Kleingeld gefehlt.

Wie reagieren Ihre Patienten auf Ihre sportlichen Erfolge? Ist das ein Thema in der Praxis?

Das ist ein riesiges Thema. Schwelm ist relativ klein, ich bin hier geboren und durch den vielen Sport ein bunter Hund. Alle finden das super. Es scheint eine sehr sympathische Art der Selbstvermarktung zu sein. Die Praxis profitiert sehr stark von den Berichten in der lokalen Presse, etc. Das ist ein klasse Nebeneffekt, außerdem hat man immer ein schönes Thema, um Smalltalk zu halten.

###more### ###title### "Ich habe keinen Porsche in der Garage, aber echt viele Fahrräder" ###title### ###more###

"Ich habe keinen Porsche in der Garage, aber echt viele Fahrräder"

Wie motivieren Sie sich für Ihr Training?

Mit 35 Jahren auf dem Höhepunkt der Leistungsfähigkeit zu sein ist ein tolles Gefühl. Das färbt auf den ganzen Alltag und den Job ab. Ich fühle mich zur Zeit super und möchte das so lange es geht beibehalten. Ich kenne genug Triathleten, die noch mit über 50 Spitzen-Leistungen abrufen können, das motiviert total. Der älteste Teilnehmer auf Hawaii dieses Jahr ist 84 Jahre alt!

Können Sie Rückschlüsse von Ihren sportlichen Erfolgen auf die Praxis ziehen?

Ich habe immer alles durchgezogen und bin vor allem auch beruflich sehr belastbar. Gesteckte Ziele hake ich immer schnellstmöglich ab. Das liegt sicher auch an der sportlichen Erziehung. Ehrgeiz, ein besonders toller, oder bekannter Zahnarzt zu sein, ist nicht vorhanden. Dafür sind mir andere Dinge zu wichtig. Beruflich läuft es sehr gut, aber mehr brauche ich da nicht. Ich habe keinen Porsche in der Garage stehen und das mit voller Absicht. Da stehen allerdings echt viele Fahrräder, muss ich gestehen. Der Beruf ermöglicht uns sehr viel, das wertschätzen wir sehr, wir arbeiten gerne und können Menschen sogar noch tagtäglich helfen. Was will man mehr?

Was ist das beste Erlebnis während eines Wettkampfs?

Der Start - wegen des Adrenalins, der Zieleinlauf - wegen der vielen Leute und der Umarmung danach von meiner Frau und den Kindern. Das ist ein irres Gefühl, wenn man es dann geschafft hat. In Maastricht hatte ich den sogenannten Tunnelblick auf den letzten 10 km. Das ist wie in Trance, auch sehr surreal.

Was ist das schrecklichste Erlebnis während eines Wettkampfes?

Stürze auf dem Rad sind oftmals schlimm und kommen bei mir gehäuft vor, da ich gerne volles Risiko fahre. Mehrere Brüche und viele Narben sind die Folge der vielen Jahre im Sattel. In Südafrika bin ich nach einem Sturz 42 km mit einem gebrochenem Wadenbein gelaufen. Das war die Hölle. Seither hat sich aber mein Schmerzempfinden total geändert, ein positiver Nebeneffekt.

Was ist das beste Erlebnis in der Praxis?

Wenn Patienten vor Freude weinen, weil sie neuen ZE bekommen haben und sich vorher jahrelang nicht getraut haben.

Was ist das schrecklichste Erlebnis in der Praxis?

Streitigkeiten, obwohl man nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat. Das nehme ich mir immer sehr zu Herzen.

Wie wird es weitergehen? Steht das nächste sportliche Ziel für 2017 schon fest?

Wir sind mit meiner Triathlon-Mannschaft in die Oberliga aufgestiegen. Da wollen wir dieses Jahr richtig Gas geben. Das sind dann aber kürzere Distanzen. Ich selber habe vor, mehr Zeit auf dem Wasser beim Kiten zu verbringen. Das macht mit meiner Frau und meinem Bruder einfach mehr Spaß. Der Ironman wird bestimmt bald mal wieder fällig, aber da ist nicht mehr viel zu holen. Das lässt sich eigentlich nicht mehr toppen und macht es mir leicht, einen Gang runter zu schalten.

Nächste Woche erfülle ich mir einen sehr großen Wunsch und fliege mit meiner Frau und einem Kumpel nach Kanada zum Heli-Boarden. Das steht schon seit 20 Jahren ganz oben auf meiner Liste. Ohne großes Ziel in den nächsten Monaten kann ich mir ja ruhig mal wieder was brechen :-)

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.