Ärzte sterben anders!
Die Forscher am Center for Chirurgy and Public Health (CSPH) des Brigham and Women‘s Hospitals analysierten die Daten von Medicare-Empfängern ab 65 und älter, die in Massachusetts, Michigan, Utah und Vermont zwischen 2004 und 2011 gestorben waren.
Aus diesen Daten ermittelte Erstautor Joel Weissman, Professor für Gesundheitspolitik an der Harvard Medical School, die Häufigkeit der fünf Maßnahmen, die für eine Krankenversorgung am Lebensende kennzeichnend sind. Dass waren:
die Zahl der Operationen,
die Betreuung in Hospizen,
die Behandlungen auf Intensivstationen,
ein Tod im Krankenhaus
sowie die Gesundheitsausgaben insgesamt.
Die staatliche Gesundheitsversorgung für Senioren wird selbstverständlich auch von Ärzten in Anspruch genommen. Verglichen wurde diese Berufsgruppe zum einen mit der Allgemeinbevölkerung (ausgenommen andere Gesundheitsberufe und Anwälte) und zum anderen mit Anwälten, die in Sachen Bildung und Einkommen mit den Medizinern vergleichbar sind. Insgesamt gingen die Daten von 2.396 gestorbenen Ärzte, 2.081 Anwälten und 666.579 Menschen aus der Allgemeinbevölkerung in die Analyse ein. Alle Angaben bezogen sich auf die letzten sechs Lebensmonate.
Seltener in der Klinik, weniger oft operiert und seltener auf der Intensivstation
Drei der Maßnahmen wurden an Ärzten deutlich weniger angewendet als bei der allgemeinen Bevölkerung, wie die Forscher feststellten:
Sie starben seltener in der Klinik (27,9 versus 32 Prozent),
wurden weniger häufig operiert (25,1 versus 27,4 Prozent)
und auch seltener auf Intensivstationen aufgenommen (25,8 versus 27,6 Prozent).
Im Vergleich zu den Juristen gab es nur in einem Punkt einen signifikanten Unterschied: Die Ärzte starben seltener im Krankenhaus (27,9 versus 32,7 Prozent).
"Mediziner haben Erfahrungen mit der sinnlosen Versorgung aus erster Hand!"
"Unsere Analyse bestätigt, was wir schon lange vermuteten“, fassen Weissman und seine Kollegen die Ergebnisse zusammen: „Bei Ärzten, die aus erster Hand Erfahrungen mit den Belastungen und der Sinnlosigkeit dieser Versorgung am Lebensende haben, werden in den letzten sechs Monate ihres Lebens weniger Operationen durchgeführt, sie verbringen weniger Zeit auf der Intensivstation und sie sterben auch seltener im Krankenhaus. Diese Information ist äußerst relevant - vor allem, weil medicare zugestimmt hat, Ärzte für die Zeit, in der sie Patienten über die Versorgung am Lebensende aufklären, zu kompensieren.“
„Die Patienten fragen oft ihre Ärzte, was selbst sie tun würden oder welche Therapie sie für ihre eigenen Familienmitglieder wählen würden", sagte Mitautorin Zara Cooper Unfallchirurgin. "Diese Forschung könnte die Art und Weise, wie Fachkräfte im Gesundheitswesen mit Patienten und deren Familien über End-of-Life-Pflege-Optionen sprechen, stark beeinflussen."
###more### ###title### "Sie wissen, wie brutal und vergeblich diese Bemühungen in der Regel sind!" ###title### ###more###
"Sie wissen, wie brutal und vergeblich diese Bemühungen in der Regel sind!"
"Diese Ergebnisse deuten auf zwei entscheidende Punkte: Wenn Ärzte selbst im Angesicht des Todes sind, vermeiden sie intensive medizinische Behandlungen, weil sie wissen, wie brutal und vergeblich diese Bemühungen in der Regel sind. Ärzte und Rechtsanwälte haben die Ressourcen, zu Hause zu sterben, was darauf schließen lässt, dass finanzielle Sorgen und die mangelnde Verfügbarkeit von Pflegepersonal Hindernisse darstellen weniger gebildete und wohlhabende Patienten", bilanziert Holly G. Prigerson, Senior-Autor.
Ein ärztliches Plädoyer für den Tod Zuhause
Prigerson: "Die Resultate sind ein ärztliches Zeugnis für eine weniger aggressive Betreuung am Lebensende und unterstreichen die Notwendigkeit für die wirtschaftlichen und personellen Ressourcen, die es ermöglichen, Zuhause zu sterben."
Die Studie wurde am 19. Januar 2016 im amerikanischen Ärzteblatt JAMA in einem Schwerpunktheft zum Thema End-of-Life-Betreuung veröffentlicht:
End-of-Life Care Intensity for Physicians, Lawyers, and the General Population , Joel S. Weissman, PhD1; Zara Cooper, MD, MSc1; Joseph A. Hyder, MD, PhD2; Stuart Lipsitz, ScD1; Wei Jiang, MSc1; Michael J. Zinner, MD1; Holly G. Prigerson, PhD3, in: JAMA. 2016;315(3):303-305. doi:10.1001/jama.2015.17408.