Untersuchung der Berliner Charité

Ärztinnen in der Studienleitung unterrepräsentiert

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Medizin
Ärztinnen haben international viel seltener die Studienleitung in Wissenschaftsbeiträgen als Ärzte –  gerade in Fachgebieten mit hohem Frauenanteil.

Die Berliner Charité hat in in einer Studie die Geschlechterparität und die Zusammenarbeit zwischen den Geschlechtern anhand der Erstautorenschaft und der Seniorautorenschaft wissenschaftlicher Veröffentlichungen in fünf medizinischen Disziplinen und sechs verschiedenen OECD-Ländern über einen Zeitraum von 10 Jahren untersucht.

Dafür wurden Artikel aus jeweils drei High-Impact-Journalen in den medizinischen Disziplinen Radiologie, Urologie, Chirurgie, Gynäkologie und Pädiatrie aus den Jahren 2007/8 und 2017/18 wurden retrospektiv überprüft. Das Geschlecht und die Zugehörigkeit der Erstautorenschaft und Seniorautorenschaft von Original-Forschungsartikeln und Rezensionen wurden zugeordnet und mit dem Anteil in jeder Disziplin für die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland und Japan verglichen.

In der Erstautorenschaft waren Frauen teils sogar überrepräsentiert

Insgesamt wurden 30.803 Artikel ausgewertet. Bei einem steigenden Anteil von Ärztinnen in allen Disziplinen nahm auch die Zahl der Autorinnen über die Jahre hinweg zu. Der Anteil der weiblichen Erstautorenschaft war im Vergleich zum Frauenanteil entweder deutlich höher (Urologie/Chirurgie/Gynäkologie) oder ausgeglichen (Pädiatrie/Radiologie). Im Unterschied dazu waren die Anteile der weiblichen Erstautorenschaft nur in Fächern mit einem geringen Anteil an Frauen (Urologie und Chirurgie) ausgeglichen und ansonsten reduziert.

Die gleichgeschlechtliche Zusammenarbeit von Frauen war ebenso häufig wie die gleichgeschlechtliche Zusammenarbeit von Männern und wurde in den Fächern, in denen dies aufgrund des hohen Frauenanteils praktikabel erschien, einer von Frauen geführten gemischtgeschlechtlichen Zusammenarbeit vorgezogen.

In der Seniorautorenschaft sind Frauen nicht adäquat vertreten

Im Gegensatz zu Erstautorenschaft besteht in Seniorautorenschaft allerdings weiterhin eine erhebliche Diskrepanz, insbesondere in Disziplinen mit einem hohen Ärztinnenanteil. "Die Diskrepanz zwischen Erstautorenschaft und Seniorautorenschaft könnte unter anderem den Ausstieg aus der akademischen Laufbahn im frühen oder mittleren akademischen Bereich widerspiegeln", mutmaßen die Forschenden.

Denn es gibt zwar mehr Medizinstudentinnen als -studenten, doch sinkt der Frauenanteil mit steigender Karriere­stufe dramatisch. Gründe dafür sind dem Autorenteam zufolge strukturelle Ungleichheit und geschlechts­spezifische Präferenzen.

Zusammenfassend publizieren Frauen in allen Disziplinen mindestens gleich viel, wenn nicht sogar mehr, als es der Ärztinnenanteil vermuten ließe, resümieren die WisenschaftlerInnen. "Diese Ergebnisse geben Anlass zu der Hoffnung, dass sich mit dem Anstieg der Zahl der wissenschaftlich tätigen Ärztinnen auch der Anteil der weiblichen Erstautoren, der in den untersuchten 10 Jahren kontinuierlich gesunken ist, in den kommenden Jahren anpassen wird."

Der langsame Anstieg und der nach wie vor niedrige Anteil weiblicher Seniorautoren seien jedoch ein Hinweis auf Faktoren, die sich negativ auf den Aufstieg der Ärztinnen in den akademischen Mittelbau und die Führungsebene auswirken. In Verbindung mit der Präferenz für die Zusammenarbeit mit gleichgeschlechtlichen Autoren könnten sich neue Strategien für die gezielte Karriereförderung von Ärztinnen auf Ebene ergeben, insbesondere in der Übergangsphase nach der Facharztausbildung.

Yamamura, J., Molwitz, I., Ozga, AK. et al. Gender differences and cooperation in medical authorships - an analysis of the recent ten years in five key medical disciplines. BMC Med Educ 23, 68 (2023). doi.org/10.1186/s12909-023-04041-6

In den meisten Disziplinen hat die Erstautorin beziehungsweise der Erstautor das Gros der Arbeit geleistet und federführend den Beitrag verfasst. Die Seniorautorin beziehungsweise der Seniorautor leitet dagegen zumeist das Projekt und kümmert sich um die Finanzierung. Oft wird hier auch die Institutsleitung genannt, ohne dass sie wesentlich an Veröffentlichung beteiligt gewesen war.

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