Auch nach drei Stunden keine Richtung erkennbar
Den Anfang machten die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Dagmar Schmidt und die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther. Beide sprechen sich für eine Impfpflicht ab 18 Jahren aus.
Impfpflicht ab 18: "Für eine gesellschaftliche Befriedung"
„Die Impfpflicht ist ein milderes Mittel als die Gefährdung der Gesundheit durch Durchseuchung, als auch als weitere Einschränkungen, die vor allem Kinder und Jugendliche, aber viele andere mehr treffen, mit harten Folgen”, betonte Schmidt. Auch ist „Impfen der Weg aus der Pandemie“ und „der Schlüssel dafür, die Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden", sagte Kappert-Gonther. Sie gehe eher davon aus, dass eine klare und eindeutige staatliche Regel dabei helfe, eine „gesellschaftliche Befriedung” herbeizuführen. Je mehr Menschen im persönlichen Umfeld geimpft seien, desto höher sei auch die Bereitschaft zum Impfen. Es müsse die Regel werden, geimpft zu sein.
Impfpflicht ab 50: "ausreichend effektiv"
Der Infektiologe Prof. Andrew Ullmann (FDP) schlug dagegen ein verpflichtendes Aufklärungsgespräch für alle ungeimpften Erwachsenen in Deutschland vor. Wenn die Impfquote durch professionelle Beratung nicht erreicht werden könne, müsse eine Alternative genutzt werden. Daher werbe er für eine altersabhängige Impfnachweispflicht ab 50 Jahren. Sie sei „ausreichend effektiv” im Kampf gegen die Pandemie.
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der nicht als Minister, sondern als einfacher Abgeordneter sprach, befürwortete eine altersbezogene, gestufte Impfpflicht ab 50 Jahren. Es sei der Schutz des Gesundheitssystems, worum es gehen müsse, betont er. Auch müsse diskutiert werden, ob es mildere Alternativen als eine Impfpflicht gibt. Er lobte an dieser Debatte die Möglichkeit, das Thema ohne Fraktionszwang diskutieren zu können.
Ebenfalls für einen Mittelweg warb die Grünen-Politikerin Paula Piechotta. Die Ärztin plädierte für eine Impfpflicht ab 50 Jahren und eine verpflichtende Impfberatung ab 18 Jahren. Sie verstehe, dass es Gegenstimmen zur Impfpflicht gebe und verwies auf den FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki. Es sei aber eine Regelung nötig, die für alle Bundesländer funktioniert. Sie erzählte von ihrer Heimat Sachsen, wo die Impfquote niedrig und die Todeszahlen hoch sind.
die drei Anträge: "Ausdruck von Planlosigkeit"?
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Tino Sorge sieht nur das Impfen als Weg aus der Pandemie und ist für eine Impfpflicht. Sorge ist "für eine differenzierte Debatte und einen parlamentarischen Kompromiss". Man müsse die Bedenken ernster nehmen, auch verfassungsrechtliche Fragen spielten eine Rolle. Es müsse klar sein, wie die Impfpflicht aussehen soll.
Dass die Ampelregierung keinen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt hatte, rügte die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Andrea Lindholz (CSU). Sie warf der Bundesregierung Arbeitsverweigerung sowie Führungs- und Orientierungslosigkeit vor. Die unterschiedlichen Anträge der Abgeordneten der Ampelfraktionen seien Ausdruck von Planlosigkeit und fühtren zur Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung.
Gegenstimmen von Kubicki und Gysi
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hält die Impfung nach eigenem Bekunden für vernünftig. Er selbst sei dreifach geimpft, aber die Entscheidung dazu sollte nicht vom Staat vorgeschrieben werden. Es gebe gute Gründe für eine Impfung, die für eine Impfpflicht überzeugten ihn nicht. Daher lehne er die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ab. Die Impfung „dient dem Selbstschutz”, sei keine „Solidarität mit anderen”, betont Kubicki.
Auch Linken-Politiker Gregor Gysi hält die Impfpflicht für den falschen Weg. Zwang sollte ausgeschlossen werden. Die allgemeine Impfpflicht sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Stattdessen müsse man einen anderen Weg gehen: „Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung! Statt einer Impfpflicht benötigen wir deutlich mehr Vertrauen, sonst wird die Demokratie immer weiter Schaden nehmen”, argumentierte Gysi.
Lauterbach: "Nur die Impfung führt in die Freiheit"
Auch der Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) machte noch einmal klar, wie wichtig die allgemeine Impfpflicht sei: „Omikron ist nicht der Weg aus der Pandemie heraus. Es gibt keinen Wissenschaftler der sagt, dass Omikron die letzte Variante wäre.”
Er sei in Sorge vor möglichen rekombinierten Varianten, die sich so schnell verbreiten, wie Omikron und zu so schweren Verläufen führen wie Delta. Nur die Impfpflicht sei der richtige Schutz für das, was im Herbst kommen könnte. Seiner Einschätzung zufolge braucht man für die Umsetzung der Impfpflicht mindestens fünf bis sechs Monate. „Wir kommen nicht weiter wenn wir das Problem von uns wegschieben”, betont Lauterbach. "Die Freiheit gewinnen wir durch die Impfung zurück. Hierfür ist nur die dreifache Impfung der richtige Weg."