Institut der Deutschen Wirtschaft zur GKV-Finanzreform

Beitragslast steigt mit der Bemessungsgrenze

Susanne Theisen
Welchen Effekt hätte eine Anhebung der Bemessungsgrenze auf die Beitragseinnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW).

Ziel der Regierung ist, mit einer höherer Beitragsbemessungsgrenze die GKV-Finanzen zu stabilisieren. Aus Sicht der Autoren würde eine solche Anhebung aber weder für eine nachhaltige Finanzierung sorgen, noch wäre sie geeignet, die Ausgabendynamik in der GKV zu disziplinieren.

Um „ein Gefühl dafür zu gewinnen“, wie sich eine höhere Beitragsbemessungsgrenze in der GKV auswirken könnte, simulieren die IW-Experten in dem Kurzbericht verschiedene Rechenbeispiele, die auf Daten aus dem Jahr 2019 basieren. So habe die Bemessungsgrenze im Jahr 2019 noch 4.537,50 Euro pro Monat betragen. Inklusive der Arbeitgeberbeiträge, die auch für Minijobber zahlen müssen, hätten damals bei einem Beitragssatz von durchschnittlich 15,3 Prozent insgesamt 236 Milliarden Euro eingenommen werden können.

„Tatsächlich geht es wohl eher um Zussatzeinnahmen"

Eine höhere Beitragsbemessungsgrenze soll die Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nachhaltig stabilisieren, was die Regierung mit einer gerechteren Verteilung der Beitragslast begründet. Den Autoren zufolge würde man dies aber auch bei einem entsprechend niedrigeren Beitragssatz erreichen. „Tatsächlich geht es aber wohl eher darum, zusätzliche Einnahmen zu erzielen", vermuten die Experten vom IW. „Das würde aber nicht nur die Besserverdienenden belasten, sondern auch deren Arbeitgeber. Doch gelänge damit weder eine nachhaltige Finanzierung, noch ließe sich das Ausgabenwachstum disziplinieren."

Um den für 2024 erwarteten Ausgabenanstieg decken zu können, forderte der Haushaltsausschuss das Bundesgesundheitsministerium auf, bis Ende Mai 2023 Eckpunkte für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der GKV zu erarbeiten und dazu insbesondere die Ausgabenseite in den Blick zu nehmen. Derzeit werde jedoch vielmehr über eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf der Einnahmenseite gestritten, stellen die Autoren fest.

Geht man nun davon aus, dass eine Anhebung der Bemessungsgrenze bei unveränderter Versicherungspflichtgrenze keine Verhaltensanpassungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auslöst, könnten Effekte für unterschiedlich hohe Bemessungsgrenzen simuliert werden:

  • Wäre die Grenze im Jahr 2019 auf das Niveau der damals gültigen Versicherungspflichtgrenze angehoben worden (hier auf 5.000 Euro pro Monat abgerundet), hätte die GKV etwa 5,1 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen können. Das entspricht einem Anstieg der Beitragseinnahme um 2,2 Prozent.

  • Um das 1,5-Fache auf rund 6.800 Euro erhöht und damit knapp über der Beitragsbemessungsgrenze für die Gesetzliche Rentenversicherung gelegen, wären die Beitragseinnahmen um 15,7 Milliarden Euro gestiegen — ein Plus von 6,7 Prozent.

  • Mit einer Verdoppelung der Bemessungsgrenze wäre die Beitragseinnahme um 8,8 Prozent oder 20,9 Milliarden Euro gestiegen.

Dem schließen die Autoren die Frage an: „Worum geht es aber bei der Reform? Sollen zusätzliche Einnahmen bei gegebenem Beitragssatz geschöpft werden, dann führt das unmittelbar zu steigenden Lasten sowohl bei Versicherten und deren Arbeitgebern.“ Geht es hingegen um eine „gerechtere“ Verteilung der Beitragslasten, dann ließe sich dies auch bei unverändertem Beitragsaufkommen erreichen.

Mit einer höheren Bemessungsgrenze könnte der Beitragssatz dann für alle sinken. Übertrage man dazu die prozentuale Einnahmeveränderung aus der Simulationsrechnung auf den aktuellen Beitragssatz, dann könnte dieser um geschätzt 0,3 Punkte auf 15,9 Prozent fallen, wenn die Bemessungsgrenze auf das Niveau der Versicherungspflichtgrenze steigt. Bei einer Erhöhung um das 1,5-Fache reduziere sich der Beitragssatz einmalig auf 15,1 Prozent, bei einer Verdoppelung sogar auf 14,8 Prozent.

Löcher stopfen ist keine Lösung

„Doch führt das kurzfristige Stopfen von Finanzierungslücken ebenso in die Irre wie der Verweis auf vermeintliche Gerechtigkeitsdefizite", lautet das Fazit der IW-Autoren. „Denn solange die GKV im Umlageverfahren organisiert ist, bleibt die Beitragsfinanzierung anfällig gegenüber demografischen Entwicklungen.“

Pimpertz, Jochen / Stockhausen, Maximilian, 2023, Beitragslast steigt mit der Bemessungsgrenze, IW-Kurzbericht, Nr. 39, Köln / Berlin

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