Bundesgerichtshof in Karlsruhe

BGH untersagt Werbung für Mundspülung gegen Corona

Martin Wortmann
Politik
Eine Mundspülung gegen Corona? Ob es hilft oder nicht – entsprechende Publikumswerbung ist jedenfalls unzulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschied.

Der Hersteller hatte damit geworben, die Mundspülung reduziere die Virenlast in der Mundhöhle und im Rachenraum, „bis zu 99,999 % der Coronaviren“ könnten inaktiviert werden. Dadurch verringere sich das Risiko einer Infektion. Aber den Richtern zufolge umfasst die Werbebeschränkung des Heilmittelwerbegesetzes bei den Infektionen alle Erkrankungen ab Aufnahme in das Infektionsschutzgesetz.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hielt diese und weitere Werbeaussagen für unzulässig und mahnte den Hersteller ab. Der BGH gab nun den Verbraucherschützern abschließend recht. Laut Heilmittelwerbegesetz darf sich die Publikumswerbung für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht auf die „Erkennung, Verhütung, Beseitigung oder Linderung“ bestimmter Krankheiten beziehen. Welche dies sind, ist in einer Anlage aufgeführt, die hinsichtlich der Infektionskrankheiten wiederum auf das Infektionsschutzgesetz verweist.

Die Richter schränken die Werbung mit neuen Infektionskrankheiten ein

In der Vorinstanz war das Oberlandesgericht (OLG) Hamm davon ausgegangen, dass sich dieser Verweis „statisch“ auf das Infektionsschutzgesetz in seiner Fassung vom 20. Juli 2000 bezieht. COVID-19 war damals naturgemäß noch nicht genannt, die Erkrankung wurde erst zum 23. Mai 2020 in das Gesetz aufgenommen.

Der BGH entschied nun, dass es sich bei dem Verweis in der Anlage um einen sogenannten „dynamischen Verweis“ handelt. Das bedeutet, dass er auch alle Erkrankungen umfasst, die erst später in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen wurden.

Zur Begründung erklärten die Karlsruher Richter, die Formulierung „Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000“ sei nicht eindeutig als statischer Verweis zu verstehen, sondern könne sich auch auf die erstmalige Verabschiedung beziehen. Maßgebend für die Auslegung seien daher der „Sinn und Zweck“ sowie der Wille des Gesetzgebers. Klares Ziel sei es hier, „die Publikumswerbung für Arzneimittel und Medizinprodukte bezüglich gravierender Krankheiten und Leiden werblichen Restriktionen“ zu unterwerfen.

Im Streitfall habe sich die beanstandete Werbung eindeutig „auf den Schutz vor der durch SARS-CoV-2-Viren ausgelösten COVID-19-Erkrankung“ bezogen. Damit habe der Hersteller der Mundspülung gegen diese Werbebeschränkungen verstoßen, urteilte der BGH.

Zum Hintergrund: Laut Heilmittelwerbegesetz (§ 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG) darf sich die Werbung für Medizinprodukte außerhalb der Fachkreise nicht auf die Verhütung oder Linderung der in einer Anlage des Gesetzes konkret genannten Krankheiten beziehen. Dazu gehören auch nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen.

Bundesgerichtshof
Az.: I ZR 24/23
Urteil vom 21. Dezember 2023
[schriftlich veröffentlicht am 1. März 2024]

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