Brandbrief gegen die Krankenhausreform
Eine Einigung auf Bundes- und Länderebene Ende November ist nach Einschätzung von Experten damit nicht in Sicht. In dem Brandbrief bezeichneten die Länderministerinnen und –minister die bisherigen Ergebnisse aus der Redaktionsgruppe für die Reform als „sehr enttäuschend“. Diese entsprächen nicht dem gemeinsam beschlossenen Eckpunktepapier vom 10. Juli 2023, heißt es in dem Schreiben.
Die Länder formulieren in ihrem Schreiben insgesamt sieben Hauptkritikpunkte zum Arbeitsentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). Vor allem halten die Länder das geplante Finanzierungssystem als Kernstück der Reform weiterhin für unklar. Die Folgen für die Krankenhauslandschaft seien nicht abschätzbar, heißt es. Im Entwurf könne weder nachvollzogen werden, wie die Finanzierung der Vorhaltevergütung und der Tagesentgelte für die sektorenübergreifenden Versorger im Detail erfolgen soll. Noch könne eingeschätzt werden, ob damit überhaupt eine finanzielle Verbesserung oder auskömmliche Finanzierung erfolgen kann. Wichtig sei zumindest eine modellhafte Auswirkungsanalyse oder Beispielberechnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).
Sieben Hauptkritikpunkte zum Arbeitsentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes
Weiter fordern die Länder, dass Möglichkeiten für Ausnahmen und Kooperationen bei den Leistungsgruppen unmittelbar im Reformgesetz geregelt werden. Zwar sollte dies erst in einer nachfolgenden Rechtsverordnung des BMG mit Zustimmung des Bundesrats bestimmt werden. Die Länder fordern aber, dass diese Möglichkeiten schon frühzeitig bekannt sein müssen, um zum einen die Auswirkungen der Reform einschätzen zu können. Zum anderen sei diese Entscheidung auch maßgeblich für die Handlungsspielräume der Planungsbehörden der Länder.
Die Länder kritisieren auch ihre unzureichenden Möglichkeiten, wenn es darum geht, Ausnahmen bei den geplanten Leistungsgruppen zuzulassen. Die Möglichkeit der Krankenhausplanungsbehörden, eine Leistungsgruppe auch dann zu erteilen, wenn deren Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt sind, stehe im Entwurf unter zu strengen Voraussetzungen. Diese würden die Planungshoheit massiv einschränken, so die Länder. Weder das vorgesehene Einvernehmen mit den Kassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) noch die Erfüllung der Vorgaben für den Sicherstellungszuschlag seien aus Sicht der Länder akzeptabel.
Außerdem verlangen die Länder, beim Zuschlag für die Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben (mit-)entscheiden zu können. Welche Krankenhäuser die Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben erbringen, müsse in der alleinigen Entscheidungsmacht der Krankenhausplanungsbehörden liegen. Ein Einvernehmen mit den Kassen und der DKG sei mit Blick auf die Planungshoheit nicht akzeptabel. Es könne zudem nicht angehen, dass die Selbstverwaltungspartner ohne Mitentscheidungsrecht der Länder bestimmen könnten, welche Aufgaben davon erfasst sein sollen, heißt es in dem Schreiben.
Die im Gesetzesentwurf eröffneten Möglichkeiten für sektorenübergreifende Versorger zur Ambulantisierung gehen nach Ansicht der Länder kaum über das hinaus, was bereits jetzt möglich ist. Der umfassende Instrumentenkasten, der vom BMG immer versprochen wurde, um den Ländern größtmögliche Handlungsspielräume einzuräumen, sei im Gesetzentwurf noch nicht enthalten, so die Kritik.
Nach Meinung der Länder ist auch bislang nicht ersichtlich, wie mit der Reform eine Entbürokratisierung erreicht werden könnte. Vielmehr stehe zu befürchten, dass der bürokratische Aufwand für alle Seiten weiter steige und das Krankenhaussystem insgesamt noch komplexer werde, heißt es in dem Brandbrief.
Die Länder schlagen Minister Lauterbach vor, das nächste geplante Bund-Länder-Treffen am 23. November „ausschließlich nur für eine zeit- und ergebnisoffene, politische Aussprache“ zu nutzen und es solle sich keine Pressekonferenz anschließen.