Umfrage unter Apothekern in Großbritannien

Briten stehen auf bei TikTok beworbene Medikamente

mg
Gesellschaft
In einer Umfrage unter fast 1.600 britischen Apothekern gaben 910 an, dass ein Patient sie nach Arzneimitteln oder Produkten gefragt hat, die er in den sozialen Medien gesehen hatte.

Die jährliche Umfrage des Pharmaceutical Journal (PJ) zu Gehalt und Arbeitszufriedenheit wurde im Juli 2022 an mehr als 24.000 Apotheker in ganz Großbritannien verschickt. Von den 1.594 antwortenden ApothekerInnen gaben 910 (57 Prozent) an, von Kunden gezielt nach einem Medikament oder Produkt gefragt worden zu sein, dass diese in den sozialen Medien gesehen hatten.

In diesem Zusammenhang am häufigsten nachgefragt wurden Präparate, die beim Abnehmen helfen, vor COVID schützen sollen oder solche, die auf Cannabis- oder Cannabidiolbasis hergestellt sind. Die gesamte Palette reicht von Medikamenten gegen erektile Dysfunktion oder Hormonersatztherapien (HRT) bis hin zu Krebsbehandlungen und Statinen.

Manche Präparate hatten gar keine Zulassung

Die Kunden unterschieden dabei nicht zwischen lizensierten oder nicht lizensierten Präparaten.

So fragten viele Briten auch nach Medikamenten, die zwar in den USA, nicht aber im Vereinigten Königreich zugelassen sind. „Sie folgen den Ratschlägen von Facebook oder Instagram und glauben an unbewiesene Erfahrungen von Befürwortern” zitiert das PJ einen Apotheker. „Viele sind obskur [...] andere können gesundheitsgefährdend sein.”

Ein anderer Apotheker sagte, seine Kunden hätten TikTok als Quelle genutzt, um sich über Beschwerden und mögliche Behandlungen zu informieren. Nicht selten komme es nach dem Studium von Artikeln oder Foreneinträgen von Selbsthilfegruppen dann zur Selbstdiagnose.

Apothekerverbände bleiben entspannt

Die Standesvertretungen der ApothekerInnen in Großbritannien reagierten entspannt: Claire Anderson, Präsidentin der Royal Pharmaceutical Society, sagte, sie finde es „sehr ermutigend” zu sehen, dass die Menschen in Apotheken um fundierte Ratschläge zu Medikamenten bitten, die sie online gesehen haben. „Es zeigt ihr Vertrauen in den Beruf als Experten für Medikamente.”

Für Helga Mangion, Policy Manager bei der National Pharmacy Association, ist das eine Selbstverständlichkeit. Sie betonte, wie wichtig es sei, dass Patienten alle Präparate, die sie in den sozialen Medien sehen, von einer zuverlässigen, regulierten Quelle wie ihrem örtlichen Gemeindeapotheker beziehen. Erst zusammen mit einem „vertrauenswürdigen Fachmann” sei es möglich, alle Informationen zu interpretieren und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Diese Bewertung teilen auch einige der befragten ApothekerInnen. Es sei gut, dass Patienten eigenen Recherchen durchführten, solange sie vernünftige Erwartungen haben. Auch handele es sich in den beschriebenen Situationen nicht immer darum, dass Patienten von übertriebenen Heilsversprechen motiviert ein Präparat in der Apotheke kaufen wollen. Regelmäßig suchten sie stattdessen nach einer Zweitmeinung zur Verschreibung ihres Arztes, weil sie in den sozialen Medien negative Berichte gefunden hätten.

The Pharmaceutical Journal, PJ, September 2022, Vol 309, No 7965;309(3965):DOI:10.1211/PJ.2022.1.157538

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