Debatte zum Gesundheitshaushalt 2024

Der geschrumpfte Etat

Susanne Theisen
Im Bundeshaushalt für das Jahr 2024 ist deutlich weniger Geld für das Gesundheitsressort vorgesehen als in den vergangenen Jahren. Bei der ersten Beratung des Etatentwurfs im Bundestag war Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bemüht, die Einsparungen zu verteidigen.

Im Pandemiejahr 2022 belief sich der Etat für den Bereich Gesundheit im Bundeshaushalt auf 66 Milliarden Euro. Im laufenden Haushaltsjahr entfallen darauf noch 24,48 Milliarden Euro und im Etatentwurf für das kommende Jahr sind 16,22 Milliarden Euro vorgesehen. „Der Bundeshaushalt für Gesundheit ist der am stärksten schrumpfende Haushalt für Gesundheit, den wir seit Langem gehabt haben“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Eröffnung der Debatte im Bundestag am 7. September 2023. Den geringeren Umfang der Finanzmittel begründete er damit, dass durch das Ende der Coronapandemie viele Ausgaben im Gesundheitsbereich obsolet seien. Es handele sich also nicht um einen „insgesamt schrumpfenden Haushalt, sondern um einen sich stabilisierenden Haushalt“.

Das sind die Zahlen

Dem sogenannten Einzelplan 15 des Bundeshaushalts 2024 – dem Etat für Gesundheit – sind nach aktuellem Planungsstand für den Bundeshaushalt 16,22 Milliarden Euro zugeteilt. Davon sollen 14,5 Milliarden Euro als Zuschuss an die Gesetzliche Krankenversicherung gehen. Für die Pflegevorsorge und weitere Maßnahmen zur sozialen Sicherung sind etwas mehr als 80 Millionen Euro vorgesehen. Die Posten Prävention und Ausgaben für Gesundheitsverbände vereinen rund 777 Millionen Euro auf sich. Der Zuschuss für die Bekämpfung des Coronavirus soll 2024 bei etwa 15 Millionen Euro liegen, im laufenden Haushaltsjahr war er mit rund 231 Millionen Euro wesentlich größer. Für die Impfstoffbeschaffung sind 2024 – nach 3 Milliarden Euro im laufenden Jahr – keine Gelder im Gesundheitshaushalt vorgesehen. Darüber hinaus sind im kommenden Jahr für den „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ knapp 164 Millionen Euro vorgesehen (2023: 220,6 Millionen Euro). Forschungsvorhaben und -einrichtungen sollen mit über 156 Millionen Euro bedacht werden (2023: 220,67 Millionen Euro). Das internationale Gesundheitswesen steht mit etwas mehr als 122 Millionen Euro im Haushaltsentwurf (2023: 152,38 Millionen Euro), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit knapp 115 Millionen Euro. Das ist nur minimal weniger als im laufenden Haushaltsjahr.

Nach der Pandemie sei man nun zurück bei den Alltagsaufgaben. Über den Status quo zeigte sich Lauterbach äußerst unzufrieden: „Leider ist das deutsche Gesundheitssystem, um in der Sprache der Medizin zu bleiben, chronisch krank.“ Die Lebenserwartung habe sich trotz hoher Ausgaben im Gesundheitssystem im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarn nicht adäquat entwickelt. Stattdessen bescheinigte der Minister dem Gesundheitswesen hierzulande ein erhebliches Problem bei der Ergebnisqualität. Schuld daran sei ein enormer Reformstau.

„Die Reformen, die in den vergangenen zehn Jahren umgesetzt worden sind, waren Bagatellreformen. Sie haben Deutschland zurückfallen lassen“, resümierte Lauterbach und warb anschließend für seine Reformbemühungen in den Bereichen Digitalisierung, Forschung, Krankenhaus- und Arzneimittelversorgung sowie für die Reform der Notfallversorgung. Kein Wort verlor der Bundesgesundheitsminister hingegen über seine Pläne für ein neues GKV-Stabilisierungsgesetz, das er bald vorlegen muss. Stattdessen schloss Lauterbach mit einem Dank an die Koalitionspartner und stellte fest: „In der Gesundheitspolitik kann ich nur sagen: Die Ampel wirkt. Sie wirkt durch Geschlossenheit.“

Die Opposition kritisiert „falsche Akzente“

Nicht nur das Ende der Pandemie lässt die Kosten im Gesundheitshaushalt schrumpfen. Auch den Steuerzuschuss von einer Milliarde Euro an den Pflegevorsorgefonds hat Lauterbach gestrichen. Der Fonds, den sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) 2015 eingeführt hatte, soll die durch den demografischen Wandel anfallenden hohen Pflegekosten abfangen. Dass der Koalitionspartner FDP bezüglich dieser Entscheidung noch erheblichen Diskussionsbedarf hat, wurde in verschiedenen Redebeiträgen deutlich. So sagte Kristine Lüttke, drogenpolitische Sprecherin der Liberalen, Lauterbach dürfe das „Geld der Zukunft“ nicht „verpulvern“.

Die Oppositionsparteien kritisierten den Entwurf scharf. Abgeordnete der Unions-Fraktion hoben wiederholt die geplanten Kürzungen im Bereich Prävention hervor. „Warum streichen Sie bei den Präventionsleistungen?“, fragte Dietrich Monstadt (CDU) und sprach dabei auch die Budgetierung im Bereich Parodontitis-Therapie an. Von Parodontitis seien Millionen Menschen in Deutschland betroffen. „Und diese wichtige Behandlung soll nun auch aus der GKV fallen? Sie sparen an den falschen Stellen, sie setzen die falschen Akzente.“

Sein Parteikollege Helge Braun, Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Bundestag, widersprach der Erklärung Lauterbachs, dass der geschrumpfte Haushalt sich zum Großteil mit dem Ende der Pandemie erklären ließe. Braun kritisierte, dass die Kürzungen vielmehr „sehr tief in Bereiche gehen, die von allergrößter Bedeutung für die Zukunft des Gesundheitswesens“ seien. Der gestrichene Zuschuss zum Pflegevorsorgefonds sei dafür ein Beispiel. Kathrin Vogler (Die Linke) und Sepp Müller (CDU) griffen Lauterbach zudem dafür an, dass von den 100 Millionen Euro, die er für die Long-COVID-Forschung angekündigt hatte, kaum etwas im Haushalt zu finden sei.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), der als Gastredner des Bundesrats an der Debatte teilnahm, kritisierte, dass im aktuellen Etatentwurf der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im kommenden Jahr nicht dynamisiert wird. Er mahnte, dass dies zulasten der beitragszahlenden Arbeitgeberinnen, Arbeitgeber und Versicherten gehen werde.

Die Streichung bei der Pflege „ist eine bittere Pille“

Auch Krankenkassen- und Sozialverbände zeigten sich anlässlich der Haushaltsdebatte für den Gesundheitsetat kritisch. Für den Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP), Thomas Greiner, stand der gestrichene Zuschuss zum Pflegevorsorgefonds im Mittelpunkt: „Die Ampel-Regierung weigert sich, Verantwortung für eine langfristig solide Finanzierung der Pflegeversicherung zu übernehmen. Das ist mit der Streichung des Milliarden-Steuerzuschusses für die Pflegeversicherung einmal mehr deutlich geworden – eine bittere Pille, die die jetzigen und zukünftige Beitragszahler schlucken müssen."

Dass Lauterbach seine Pläne für das GKV-Stabilisierungsgesetz mit keinem Wort erwähnte, griffen die Krankenkassenverbände auf. Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf entziehe sich die Bundesregierung erneut ihrer finanziellen Verantwortung für die GKV, prangerten der Verband der Ersatzkassen, der BKK Dachverband, die IKK und die Knappschaft in einer gemeinsamen Pressemitteilung an: „Statt ihre Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, gilt das Spardiktat. Kein Wort mehr von einem dynamisierten Steuerzuschuss in der GKV, kein Wort mehr von höheren Beiträgen für Empfangende von Bürgergeld aus Steuergeldern. Auch die längst versprochenen Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der GKV lassen auf sich warten." Die geschätzte Finanzierungslücke von 3,5 bis 7 Milliarden Euro in der GKV im kommenden Jahr würden erneut durch Beitragserhöhungen gestemmt werden müssen, fügten sie hinzu. „Die Bundesregierung hat es versäumt, notwendige strukturelle Reformen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite auf den Weg zu bringen, die die GKV-Finanzen entlastet hätten. Dazu gehört auch die Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel.“

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