Die Gesundheitsgesetze kosten jährlich Milliarden
Mit welchen zusätzlichen Mehrausgaben oder Mindereinnahmen muss die gesetzliche Krankenversicherung in den nächsten Jahren aufgrund aktueller Gesundheitsgesetze rechnen? Und können daraus zusätzliche Beitragsbelastungen für GKV-Versicherte entstehen? Das wollte das Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen.
Die Antwort der Bundesregierung liegt jetzt vor. Danach wurden in der laufenden Legislaturperiode unter anderem bereits das GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG), das Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) sowie das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) auf den Weg gebracht. Ergebnis: Verbesserte Regelungen für Versicherte gibt es nicht zum Nulltarif – sie sind mit erheblichen Kosten verbunden.
Im Einzelnen führt die Bundesregierung dazu an:
Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG):Das PpSG soll zu einer besseren Personalausstattung und besseren Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege führen, um die Pflege und Betreuung der Patienten sowie der Pflegebedürftigen zu verbessern. Die geschätzten jährlichen Mehrausgaben für die GKV liegen für 2019 bei rund 1,2 Milliarden Euro und steigen ab 2022 auf rund 1,9 Milliarden Euro an. Außerdem entstehen der GKV in den Jahren 2019 bis 2022 Mehrausgaben in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr, die dem Krankenhausstrukturfonds aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt werden.
Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG):Mit dem TSVG sind den Angaben der Bundesregierung zufolge sowohl Be- und Entlastungen für die GKV verbunden. Aufgrund dezentraler Entscheidungsfindungen und Verhandlungen im Gesundheitswesen sowie schwer prognostizierbarer Verhaltensanpassungen der Beteiligten sind die finanziellen Folgen für die GKV nicht genau quantifizierbar. Das Gesetz wird in 2019 voraussichtlich Mehrausgaben in einem mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag bringen, die bis 2021 auf bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr anwachsen können.
Versichertenentlastungsgesetz (VEG):Bei dem Gesetz kommt es wegen der Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze für freiwillig versicherte Selbstständige mit geringem Einkommen ab 2019 zu jährlichen Mindereinnahmen der GKV in Höhe von rund 850 Millionen Euro. Ansonsten beteiligt das GKV-VEG die GKV-Mitglieder an der guten Finanzentwicklung der letzten Jahre und entlastet Arbeitnehmer, Selbstständige und Rentner ab dem Jahr 2019 von Beitragszahlungen in Höhe von jährlich insgesamt rund acht Milliarden Euro. Allein die Einführung der paritätischen Beitragstragung führt zu einer Entlastung der Arbeitnehmer sowie Rentner in Höhe von jährlich rund sieben Milliarden Euro, die aufgrund der entsprechenden Belastungen der Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger für die GKV aufkommensneutral ausfällt.
Die Bundesregierung verweist auch auf Einspareffekte durch Qualitätsverbesserungen, Effizienzgewinne und die Vermeidung von Krankheits- und Krankheitsfolgekosten. Angesichts der dynamischen Einnahmenzuwächse und der grundsätzlich moderaten Ausgabenentwicklung der vergangenen Jahre sei es möglich, die Qualität der Versorgung zu steigern und gleichzeitig die Mitglieder bei den Beiträgen zu entlasten.
Die gesetzlichen Krankenkassen erzielten laut Angaben der Bundesregierung in den letzten drei Jahren erhebliche Einnahmenüberschüsse und konnten ihre Betriebsmittel und Rücklagen bis zur Jahreswende 2018/2019 auf insgesamt rund 21 Milliarden Euro erhöhen. Auch der Gesundheitsfonds verfügte zum Stichtag 15. Januar 2019 über eine Liquiditätsreserve von rund 9,7 Milliarden Euro.
Geschätzte Kosten für Festzuschüsse beim Zahnersatz
Die Bundesregierung beziffert auch die im TSVG vorgesehene Erhöhung der Festzuschüsse für Zahnersatz von 50 auf 60 Prozent. Dadurch ergeben sich ab dem Jahr 2021 geschätzte jährliche Mehrausgaben in einer Größenordnung von rund 570 Millionen Euro. Da die Anhebung zum 1. Oktober 2020 erfolgt, ist bereits mit Mehrausgaben im niedrigen dreistelligen Millionenbereich für das Jahr 2020 zu rechnen.