Digitalisierungsreport 2021 im Gesundheitswesen

Die Hälfte der Ärzte fühlt sich bei der Digitalisierung überfordert

pr/pm
Praxis
Zwei Drittel der Ärzte fühlen sich auf die Nutzung digitaler Gesundheitslösungen nicht genügend vorbereitet, die Hälfte fühlt sich überfordert. Doch wer digitale Anwendungen schon nutzt, sieht auch deren Vorteile. Das zeigt der neue Digitalisierungsreport von DAK Gesundheit und Ärzte Zeitung.

Die zunächst ablehnende Haltung vieler Ärzte zur Digitalisierung sei nicht überraschend, hieß es heute auf einer Videopressekonferenz, auf der die DAK Gesundheit und die Ärzte Zeitung ihren gemeinsamen „Digitalisierungsreport 2021“ vorstellten.

kein Wunder, dass die Digitalisierung Probleme macht

Ärzte arbeiteten wegen der Pandemie bereits am Anschlag. Deshalb sei es kein Wunder, dass die Digitalisierung mit neuen Anwendungen wie eAU-Bescheinigung, eRezept und elektronische Patientenakte Schwierigkeiten bereite. Dabei sei die Technik bei der Einführung häufig noch fehlerhaft, Updates führten zum Absturz der Systeme, die Anzahl der Fehlermeldungen sei zu Beginn abschreckend gewesen. Es gelte, die Skepsis der Ärzte zu überwinden, hieß es auf der Veranstaltung.

569 Ärzte und 16 Psychotherapeuten hatten sich im Frühherbst 2021 an der Online-Befragung von EPatient Analytics beteiligt. Der Großteil der Befragten kennt demnach die wichtigsten digitalen Gesundheitslösungen, hatte sie zum Zeitpunkt der Befragung aber noch nicht eingesetzt. Fast die Hälfte der Befragten fühlt sich mit der Nutzung der digitalen Anwendungen überfordert.

Laut Report ist die am weitesten verbreitete digitale Anwendung in Arztpraxen die elektronische Terminvergabe. Sie wird von knapp 15 Prozent der befragten Mediziner regelmäßig genutzt und von weiteren 14 Prozent bereits verwendet. Von den Befragten mit Nutzungserfahrung bescheinigen ihr 64 Prozent eine Zeitersparnis in der Praxisorganisation.

die elektronische Terminvergabe findet Anklang


Dies decke sich mit dem Befund der Studie, dass gut die Hälfte der befragten Ärzte, die bereits Erfahrungen mit digitalen Gesundheitslösungen gesammelt haben, auch deren Vorteile sehen, hieß es bei der Präsentation. So erkennen etwa 56 Prozent im Einsatz eines elektronischen Medikationsplans eine verbesserte Qualität der Patientenversorgung.

In Bezug auf die Telematikinfrastruktur (TI) zeigte sich laut Studie bei den befragten Ärzten besondere Skepsis. Diejenigen, die ihre Eindrücke in einem Freitextfeld schilderten, äußerten sich zu 93,5 Prozent negativ zu ihren Erfahrungen mit der TI. Viele bemängelten eine ungenügende Einbindung der Ärzteschaft seitens Politik und gematik und erklärten, sich bevormundet zu fühlen.

Die DAK Gesundheit sieht hier dringenden Handlungsbedarf. Sie fordert eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie mit der Politik und eine neue Qualität der Zusammenarbeit. Notwendig sei eine Bestandaufnahme, um die Probleme bei der Digitalisierung zu eruieren, sowie eine Optimierung der Governance-Strukturen unter Einbindung der Selbstverwaltung.

Die DAK Gesundheit untersucht regelmäßig, welche Erfahrungen Ärzte mit digitalen Anwendungen sammeln. Der neue Report 2021 ist der dritte in Kooperation mit der Ärzte-Zeitung und weiteren Partnern aus dem ärztlichen Bereich.

Ausgewählte Ergebnisse des Reports

  • Welche digitalen Gesundheitslösungen werden eingesetzt? 29 Prozent der Befragten nutzen die elektronische Terminvereinbarung regelmäßig beziehungsweise haben sie schon einmal genutzt. Bei der Video-Sprechstunde sind dies 28,4 Prozent, beim elektronischen Medikationsplan 26,2 Prozent. Ganz unten stehen digitale Gesundheitsanwendungen auf Kassenrezept DIGA (8,9 Prozent) und das eRezept (3,7 Prozent).

  • Erste positive Effekte bei E-Health-Anwendungen wahrgenommen: Vor allem beim elektronischen Arztbrief, der elektronischen Terminvereinbarung oder dem elektronischen Medikationsplan zeigen sich positive Effekte für die Versorgung. Doch noch sind viele Befragte nicht von den Vorteilen überzeugt.

  • Skepsis als Grund für Nicht-Nutzung: Jeder zweite Teilnehmer lehnt die elektronische Terminvereinbarung, die Video-Sprechstunde sowie Chat-Anwendungen eher ab. Online-Kurse für Patienten, das E-Rezept sowie Sichere E-Mail (KIM) lehnt jeder Dritte ab. Etwas weniger als jeder fünfte Teilnehmer findet die digitalen Versorgungslösungen eigentlich gut, aber ist über eine Nutzung zu wenig informiert.

  • Vorbehalte zur elektronischen Patientenakte (ePA): Häufig zeigt sich laut Report eine nicht gegebene „digital readiness“. So sagen 39,6 Prozent, sie lehnten die ePA ab. 15,5 Prozent sagen „keine Ahnung, hat sich noch nicht ergeben“, und 14,6 Prozent geben Probleme mit den elektronischen Heilberufeausweis an.

  • Positivere Einschätzung im Klinikbereich: Im Gegensatz zum ambulanten Bereich werden die Chancen der Digitalisierung im klinischen Bereich deutlich stärker wahrgenommen. So sagen 58 Prozent der Klinikärzte, die Digitalisierung führe zur Verbesserung der Versorgungsabläufe. Dem stimmen hingegen nur 20,5 Prozent der ambulanten Ärzte zu. Mehr als zwei Drittel der Klinikärzte sehen positive Effekte der Digitalisierung auf die sektorübergreifende Vernetzung und Versorgungseffizienz. Über 40 Prozent der ambulant tätigen Ärzte sehen dagegen keine Verbesserung.

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