Neue Gesundheitsministerin in England

Diese vier Baustellen im NHS will Therese Coffey angehen

mg
Gesellschaft
Therese Coffey steht schon bei Amtsantritt in der Kritik. Eine übergewichtige Raucherin tauge nicht zum Vorbild, so der Vorwurf. Ihre Pläne für den NHS priorisiert sie in A, B, C und D. Die Zahnärzte sind "D".

Coffey steht Berichten zufolge vor einer Herkulesaufgabe. Der Nationale Gesundheitsdienst NHS sei „im schlechtesten Zustand seit Menschengedenken”, zitiert etwa die BBC Experten. Die umstrittene Ministerin begegnet dem mit einer vierstufigen Prioritätenliste. Und so groß die Kritik an ihrer Person auch ist, so wenig strittig ist ihre Konzentration auf die Baustellen Rettungsdienst, Behandlungsrückstände, Pflege und ambulante Versorgung. Die hervorgehobenen Bereiche seien entscheidend für die unmittelbare Zukunft sowohl des NHS als auch der Patienten in England, befinden Journalisten.

Das drängendste Problem ist Coffey zufolge der britische Rettungsdienst. Nach einer Auswertung des NHS benötigte dieser vom Notruf bis zum Eintreffen beim Patienten im Schnitt zuletzt knapp 60 Minuten – ein Wert der Menschenleben gefährden kann. Die erklärte Zielmarke, spätestens in Minute 18 am Einsatzort zu sein, wurde im zweijährigen Betrachtungszeitraum lediglich in vier Monaten erreicht.

Fast jede(r) Achte wartet auf eine zurückgestellte Behandlung oder Operation

Zweite Baustelle: es gibt einen riesigen, aufgestauten Behandlungsbedarf. Derzeit befinden sich laut BBC mehr als 6,7 Millionen Menschen auf Wartelisten für Behandlungen oder Operationen – das ist fast jede(r) achte im Land. Auch die Pflege soll in einem desolaten Zustand sein, ebenso wie die ambulante Versorgungssituation. Aktuell sind neun von zehn Zahnarztpraxen nicht in der Lage, neue erwachsene NHS-Patienten aufzunehmen, schreibt die British Dental Association. Im Wahlkreis Norfolk der neuen Premierministerin Liz Truss liege der Wert demnach sogar bei 100 Prozent – ebenso in Suffolk, der Heimat von Coffey.

Beide Politikerinnen erklärten laut BDA, dass Maßnahmen gegen diese „Zahnkrise” in ihrer neuen Regierung oberste Priorität hätten, wobei Truss betonte, dass Maßnahmen gegen die Zugangskrise in Zahn- und Allgemeinmedizin in ihren ersten 90 Tagen eines der drei wichtigsten Ziele sein werden. Darüber, ob dies bedeutet, dass Honorarkürzungen der vergangenen Jahre rückgängig gemacht werden, schwiegen sich Truss und Coffey aus.

Jahrelange Budgetkürzungen verschärfen den Personalmangel

So vergibt die neue Gesundheitsministerin der Beseitigung des Personalmangels – obgleich ein drängendes Problem – vorerst nur die niedrigste Priorität („D”) auf ihrer To-Do-Liste. Und dass, obwohl aktuell fast jeder 10. NHS-Posten für ÄrztInnen, ZahnärztInnen oder Krankenschwestern unbesetzt ist, rechnet die BBC vor. Als Folge eines Jahrzehnts der Budgetkürzungen habe das Vereinigte Königreich weit weniger Gesundheitspersonal pro Kopf als viele andere westeuropäische Nationen.

Nach Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegt die Quote nicht nur deutlich unter dem OECD-Durchschnitt, sondern Großbritannien rangiert im Vergleich zu seinen Nachbarn auf den hintersten Plätzen: Bei der Zahl des nichtärztlichen Gesundheitspersonals pro 1.000 EinwohnerInnen belegt das Vereinigte Königreich Platz 11 von 13 – beim praktizierenden ärztlichen Gesundheitspersonal ist es Platz 13 von 13.

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