Ärztekammer Brandenburg lehnt Bundesethikkommission ab

„Drohenden Schaden von den föderalen Strukturen abwenden“

sth
Politik
Die Landesärztekammer Brandenburg kritisiert die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante zentrale Bundesethikkommission, die ab 2025 für bestimmte Typen klinischer Studien zuständig sein soll.

Der Referentenentwurf des BMG und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) für ein „Medizinforschungsgesetz“ sieht die Bildung einer Bundesethikkommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor. Dagegen sprach sich die Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB) nun in einem Brief an den Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) „vehement“ aus.

In dem Schreiben bitten LÄKB-Präsident Frank Ullrich Schulz und Vizepräsident Dr. Steffen König die Landesregierung darum, die Kammer dabei zu unterstützen, „drohenden Schaden von den föderalen Strukturen der Länder, von der klinischen Forschung vor Ort und von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an klinischen Studien abzuwenden."

Nachteilige Konkurrenz zwischen Bund und Ländern

Der Bund träte durch die Errichtung der neuen Kommission in direkte Konkurrenz zu den Ethikkommissionen der Bundesländer. Zudem solle durch diese Maßnahme ein Erfüllungsvolumen von mindestens 1,2 Millionen Euro von den Ländern abfließen, um gleichzeitig beim Bund neu aufgebaut zu werden. „Eine Bundesethikkommission würde damit zum Aufbau einer Parallel-Bürokratie führen, die nicht der Förderung des Forschungsstandorts Deutschland dient“, kritisert die LÄKB.

Die nach Landesrecht auf Grundlage der Heilberufs- und Kammergesetze der Länder bei den Ärztekammern und bei den Medizinischen Fachbereichen der Hochschulen errichteten Ethikkommissionen seien seit Jahrzehnten „Garant dafür, dass klinische Forschung am Menschen unabhängig, fachkundig und verfahrensökonomisch geprüft wird“.

Unabhängigkeit der Forschung in Frage gestellt

Weiter heißt es in dem Brief: „Die Geschäftsstelle der Bundesethikkommission soll bei der Behörde eingerichtet werden, die auch für die Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen zuständig ist. Deren Mitglieder werden vom Bundesministerium für Gesundheit berufen oder auch entlassen. Eine Bundesethikkommission böte daher nicht im gleichen Maße die Gewähr für eine unabhängige Bewertung frei von standort- und wirtschaftspolitischen Erwägungen zum Schutz von Patienten und Probanden in klinischen Studien.“

Zudem könne sowohl die Behördenleitung des BfArM als auch das BMG im Wege der Fachaufsicht jederzeit Einfluss auf die Entscheidungen nehmen. „Denn anders als die Länder (vgl. § 7 Absatz 2 HeilBerG Bbg) garantiert der Bund eine Weisungsfreiheit der Mitglieder der Kommission nicht“, mahnt die LÄKB.

Föderale Strukturen stärken und harmonisieren

Statt eine Bundesethikkommission zu errichten, plädiert die LÄKB dafür, die vorhandenen Strukturen auf Länderebene zu stärken und zu harmonisieren. Diese Position vertritt auch der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen (AKEK) in Deutschland. Der AKEK steht den Regierungsplänen ebenfalls kritisch gegenüber, weil sie zu zusätzlicher Bürokratie und einer Gefährdung der Unabhängigkeit der Ethikkommissionen führen würden.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.