Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern

Drohung mit Krankschreibung rechtfertigt an sich fristlose Kündigung

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Praxis
Wenn ein Arbeitnehmer zwecks Änderung des Dienstplans mit Kündigung droht, ist eine frislose Kündigung an sich gerechtfertigt. In diesem Fall hielten die Richter diese Reaktion aber für überzogen.

In dem zugrunde liegenden Fall im Juni 2020 drohte eine in einer Bäckereifiliale in Mecklenburg-Vorpommern angestellte Verkäuferin mit Krankschreibung, sollte der Dienstplan nicht so wie von ihr gewünscht geändert werden. Um die Betreuung ihres Kindes gewährleisten zu können, wollte die Frau in der Frühschicht arbeiten, hinzu kamen Konflikte im Team. Per WhatsApp schrieb sie ihrer Vorgesetzten: "Die Woche vom 20 mach ich definitiv keine spät dann bin ich krank geschrieben. Ich habe dich um Frühschicht gebeten.“

Die Frau hatte zuvor bereits selbst gekündigt

Wegen der angedrohten Krankschreibung kündigte ihr die Geschäftsführung fristlos. Kurz zuvor hatte die Verkäuferin allerdings bereits selber ihre ordentliche Kündigung und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Diagnose F 32.9 G (depressive Episode, nicht näher bezeichnet) eingereicht. Gegen die fristlose Kündigung klagte sie.

Das Arbeitsgericht Schwerin gab der Klage statt: Eine Pflichtverletzung sei nicht erwiesen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, in der Spätschicht zu arbeiten. Die Geschäftsführung ging daraufhin in Berufung.

Die Drohung setzt in unzulässiger Weise unter Druck

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschied nun, dass das Verhalten der Klägerin an sich einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellt: "Die Drohung, sich krankschreiben zu lassen, falls die Schichteinteilung nicht wie gewünscht erfolgt, stellt eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann", heißt es in der Begründung der Richter. Damit habe sie ihren Arbeitgeber in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt.

Es spielt keine Rolle, ob man später wirklich erkrankt

Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liege in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt.

Die fristlose Kündigung ist trotzdem unwirksam

Dennoch könne die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen, wenn diese Drohung auf einem innerbetrieblichen Konflikt zwischen Mitarbeitern beruht, auf den er bereits mit einer Eigenkündigung reagiert hat, und das Arbeitsverhältnis deshalb in Kürze endet. Die fristlose Kündigung sei daher unwirksam.

Das Arbeitsverhältnis verlief 10 Jahre beanstandungsfrei

Es sei der Beklagten unter Abwägung der wechselseitigen Interessen zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis noch rund einen Monat bis zum Datum der Eigenkündigung fortzusetzen. Dabei sei zu beachten, dass es sich bei der Androhung um eine spontane und überlegte Reaktion gehandelt habe, in der sich letztlich die schon länger schwelenden Spannungen entluden. Zudem sei das Arbeitsverhältnis zuvor annähernd 10 Jahre lang beanstandungsfrei verlaufen.

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