Ein Kopf mit fremdem Körper
Es gab laut "New Scientist" bereits mehrere ähnliche Versuche an Tieren, die jedoch nie länger als einige Tage überlebten. Dem Chinesen Ren Xiaoping war es 2013 gelungen, einen Mäusekopf zu transplantieren. Das Experiment von Canavero baue auf seinem Grundlagenwissen auf, sagte Ren Xiaoping. "Vergangenes Jahr hat er mich kontaktiert und um Rat für die Operation gefragt", erläuterte der Forscher der chinesischen "Volkszeitung". Nach Canaveros Plänen soll der Patient etwa drei bis vier Wochen im Koma bleiben. Wacht er auf, soll er sprechen und nach einem Jahr Physiotherapie laufen können.
30-Jähriger soll neuen Körper erhalten
Etwa 36 Stunden soll der Eingriff dauern, zehn Millionen Euro kosten. Freiwillige sind bereits gefunden: Der 30 Jahre alte russische Programmierer Waleri Spiridonow will seinen Kopf auf einen gesunden Spenderkörper übertragen lassen. Er sitzt im Rollstuhl, hat schwere körperliche Verformungen. "Ich weiß, dass ich sterben kann. Aber ich mache keinen Rückzieher mehr", sagt Spiridonow. "Ich brauche einen neuen Körper. Niemand kann sich vorstellen, wie es ist, mit diesem zu leben", sagt der junge Mann. Er leidet seit seiner Kindheit unter der Krankheit Morbus Werdnig-Hoffmann, die durch den Schwund von Muskeln, Gewebe und Organen nach seinen Angaben längst zum Tod hätte führen sollen.
Vor zwei Jahren erfuhr Spiridonow von dem Projekt. Mal die eigenen Ängste beiseitegelassen, meint er, sehe das Vorhaben doch sehr interessant aus. Er habe nicht mehr viel Zeit und wolle der Erste sein. "Du fühlst dich wie der Held eines Sciencefiction-Romans, fast so, als würdest du in den Kosmos fliegen", sagte Spiridonow.
Doch sogar Canavero selbst sieht bei der Kopf-Transplantation einige vor allem ethische Hürden auf sich zukommen. So argumentieren Kritiker wie Geistliche der russisch-orthodoxen Kirche, Körper und Geist seien eins. "Der wirkliche Stolperstein ist die Ethik", sagte Canavero. "Sollte so ein Eingriff überhaupt durchgeführt werden? Es wird offensichtlich viele Menschen geben, die das nicht so sehen."
von Miriam Schmidt und Ulf Mauder, dpa