Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts (LSG)

Ende einer Preisvereinbarung macht Vertrag nicht unwirksam

Martin Wortmann
Recht
Das Ende einer Preisvereinbarung für nichtärztliche Leistungen bedeutet nicht auch das Ende des zugehörigen Versorgungsvertrags. Das stellt ein Gericht klar und zeigt, wie Leistungserbringer vorgehen müssen.

Die zugelassenen Leistungserbringer können ihre Leistungen weiterhin erbringen, müssen sich aber vorher mit der jeweiligen Krankenkasse auf einen Preis einigen, wie das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) in Schleswig in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschied.

Danach können die Leistungserbringer die Versorgung zu der von der Kasse angebotenen Vergütung ablehnen. Erbringen sie aber die Leistung, akzeptieren sie konkludent den von der Kasse gebotenen Preis, stellte das LSG klar. Von den Kunden dürfen sie kein Zusatzhonorar verlangen und sie auch nicht auf das Kostenerstattungsverfahren verweisen.

Gericht lehnte Erstattung einer höherwertigen Versorgung ab

Im Streitfall war einer Krebspatientin wegen einer Chemotherapie Haarersatz verordnet worden. Der Kostenvoranschlag des Leistungserbringers belief sich auf 1.685 Euro, die Krankenkasse bewilligte nur 924 Euro. Die Kosten einer höherwertigen Versorgung, immerhin 751 Euro, habe die Versicherte selbst zu tragen.

Dagegen klagte die Versicherte und verlangte Kostenerstattung von ihrer Krankenkasse. Wie schon das Sozialgericht Kiel wies nun jedoch auch das LSG die Klage ab.

Hintergrund ist, dass der Bundesverband der Zweithaarspezialisten (BVZ) die Preisvereinbarung zu dem mit drei Ersatzkassen geschlossenen „Vertrag über die Versorgung der Ersatzkassenversicherten mit Haarersatz“ kurz zuvor gekündigt hatte. Eine Klausel zur Fortgeltung der bisherigen Preise bis zu einer Neuvereinbarung enthielt der Vertrag nicht.

Hierzu erklärte nun das LSG: „Wenn mit der Kündigung einer Preisvereinbarung aber stets der gesamte Versorgungsvertrag für Hilfsmittel als ‚nicht geschlossen‘ angesehen würde, wäre die Versorgung der Versicherten mit dem betreffenden Hilfsmittel flächendeckend nicht mehr gewährleistet.“ Daher sei es besser, die hinsichtlich der Preise bestehende Vertragslücke zu füllen.

Ansetzen des „üblichen Preises“ scheidet aus

Dabei verweisen die Schleswiger Richter auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Danach scheide ein einseitiges Preisbestimmungsrecht ebenso aus wie das Ansetzen eines „üblichen Preises“ auf zivilrechtlicher Grundlage. Daher müssten sich „der von einem Versicherten aufgesuchte Leistungserbringer und die Krankenkasse individuell (…) auf einen Preis für die Versorgung einigen.“

So könne der Leistungserbringer einen Kostenvoranschlag machen, oder die Krankenkasse könne eine Kostenübernahmeerklärung mit einem anderen Preis abgeben, gegebenenfalls auch dem alten. „Dabei kann davon ausgegangen werden, dass ein Recht zur Ablehnung des Leistungserbringers besteht, einen Versicherten zu dem in der Kostenübernahmeerklärung benannten abweichenden Preis zu versorgen“, heißt es in dem Urteil. Denn sonst liefe dies auf ein Preisbestimmungsrecht der Krankenkassen hinaus. Für den Versicherten müsse die Krankenkasse dann einen anderen Versorger finden, der ihren Preis akzeptiert.

Leistungserbringer durfte im vorliegenden Fall kein zusätzliches Honorar verlangen

Hier habe der Leistungserbringer aber in Kenntnis der Kostenübernahmeerklärung über 924 Euro die Versicherte versorgt. Damit habe er das Angebot der Kasse konkludent akzeptiert. Von der Versicherten habe er ein zusätzliches Honorar nicht verlangen dürfen, auch nicht über den Umweg eines Kostenerstattungsverfahrens. Leistungserbringer dürften Versicherte nicht auf diesem Weg für ihre Zwecke instrumentalisieren, betonte das LSG.

Im Streitfall seien nach dieser Rechtslage der Klägerin gar keine Kosten entstanden. Ein Anspruch auf Kostenerstattung könne daher nicht bestehen, urteilte das LSG. Die Revision zum BSG ließ es nicht zu.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Az.: L 10 KR 52/21
Urteil vom 24.09.2024

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