Rezertifizierung von Medizinprodukten

Europäische Zahnärzte fordern pragmatische Maßnahmen

pr
Für pragmatische Maßnahmen bei der Umsetzung der EU-Verordnung über Medizinprodukte hat sich der Council of European Dentists ausgesprochen. Das betrifft vor allem die Rezertifizierung von Medizinprodukten.

Bis spätestens Mai 2024 müssen alle auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte rezertifiziert werden. So schreibt es die europäische Verordnung über Medizinprodukte (Medical Device Regulation MDR) vor, die seit Mai 2021 in allen EU-Mitgliedsstaaten gilt. Ohne diese Rezertifizierung dürfen die Produkte dann nicht mehr in den Verkehr gebracht werden.

Der Council of European Dentitsts (CED) – die Vertretung der europäischen Zahnärzteschaft in der EU – hat auf seiner Vollversammlung vergangene Woche in Brüssel eindringlich gefordert, diesen Prozess so pragmatisch wie möglich zu gestalten. Bei der Umsetzung der Verordnung zeigen sich laut CED enorme praktische Probleme: Es gibt beispielsweise noch immer nicht genügend Benannte Stellen, die die Rezertifizierung der Produkte fristgerecht durchführen können. Bis heute sind lediglich etwa 15 Prozent dieser Bestandsprodukte in das neue System überführt worden. Grund für die schleppende Umsetzung ist der eklatante Mangel an Benannten Stellen, die für die Zertifizierung zuständig sind.

Vielzahl von Produkten sind nach Mai 2024 voraussichtlich unzulässig

Da der Zertifizierungsprozess rund 18 Monate in Anspruch nimmt, steht bereits heute fest, dass eine Vielzahl von Bestandsprodukten unter den aktuellen Bedingungen ab Mai 2024 nicht mehr in Verkehr gebracht werden darf. Dies betrifft auch viele Dentalprodukte. Der CED fordert hier eindringlich von der Europäischen Kommission und den zuständigen nationalen Gesundheitsministerien, Benennungsverfahren zu beschleunigen, um die Zahl der Benannten Stellen deutlich zu erhöhen.

Für bewährte Bestandsprodukte, die seit vielen Jahren ohne Risiken auf dem Markt sind, fordern die europäischen Zahnärztevertreter in ihrer Stellungnahme einen pragmatischen Umgang mit den Anforderungen an klinische Daten. Viele dieser Daten seien häufig gar nicht vorhanden, und entsprechende Studien seien deshalb oft gar nicht durchführbar. Die hohe Anzahl von Zertifikaten, die 2023/2024 auslaufe, mache es derzeit unmöglich, diese Produkte vollständig und rechtzeitig in die MDR zu überführen. Insofern müssten Maßnahmen ergriffen werden, um diese Produkte auf dem Markt zu halten, heißt es in dem Papier.

Mögliche Lösung: Eine Fristverlängerung bis Mai 2026

Dies könne durch eine Verlängerung der Laufzeit der Richtlinien-Zertifikate erreicht werden. Für Produkte, die seit Jahren ohne Beanstandungen auf dem Markt seien und somit als sicher und zuverlässig gelten, sollten die Zertifikate dauerhaft und uneingeschränkt gültig sein, erklärt der CED. Eine andere Möglichkeit wäre die Verlängerung der in der MDR festgelegten Übergangsfristen bis mindestens zum 27. Mai 2026.

Der CED mahnt, es müsse beachtet werden, dass es in der Dentalbranche eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen gebe, die den massiv gestiegenen Anforderungen nicht gewachsen seien. Hohe bürokratische Belastungen und der Anstieg der Zertifzierungskosten um etwa das Dreifache könnten dazu führen, dass diese Unternehmen auf die weitere Produktion bestimmter Produkte verzichten und diese vom Markt nehmen müssten. Laut Erhebungen aus der Dentalindustrie könnten zumindest bei einzelnen Unternehmen bis zu 35 Prozent ihres Sortiments an Dentalprodukten vom Markt genommen werden. Das bleibe nicht ohne Folgen für den Dentalmarkt, warnt der CED.

Weitere CED-Themen: Berufsanerkennung und der Fachkräftemangel

Ein weiterer Schwerpunkt der Beratungen auf der CED-Vollversammlung war die Anerkennung von zahnärztlichen Qualifikationen, die außerhalb der EU erworben wurden. In einem Statement betonten die CED-Delegierten, dass die Anerkennung vollständig und entsprechend der geltenden EU-Vorgaben erfolgen müsse, bevor eine erstmalige zahnärztliche Tätigkeit in der Europäischen Union aufgenommen werden dürfe. Die Patientensicherheit und der Anspruch auf eine qualitativ hochwertige zahnmedizinische Versorgung dürften keinesfalls untergraben werden. Dies gelte selbst dann, wenn durch vereinfachte Anerkennung auf nationaler Ebene eine zahnmedizinische Unterversorgung in bestimmten Regionen bekämpft werden soll.

Weiteres großes Thema bei CED war der Fachkräftemangel in der Zahnmedizin. Denn Fragen der Personalplanung sind angesichts des zahnärztlichen Fachkräftemangels nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen europäischen Ländern ein Thema. Die CED-Delegierten verabschiedeten in Brüssel ein Weißbuch „Herausforderungen im Bereich Fachkräfte in der Zahnmedizin“. Die darin formulierten Handlungsempfehlungen sind:

  • Angesichts des bestehenden Ungleichgewichts bei der Zahl der Zahnärzte in den einzelnen Ländern sind EU-Maßnahmen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ausbildung und Bindung von Arbeitskräften im Gesundheitswesen von entscheidender Bedeutung. Das gilt vor allem für den Austausch von Know-how zwischen den Ländern.

  • Ein „Generationenpakt”, gefördert durch die nationalen Zahnärzteverbände, sollte die Kontinuität zwischen den Generationen der Zahnmedizin fördern und vor allem junge Zahnärzte unterstützen.

  • Der Zahnarzt sollte die Rolle des Teamleiters übernehmen. Dabei sollte die Delegation, nicht die Substitution gefördert werden.

  • Hochschulen sollten bei der Ausbildung angehender Zahnärzte auch Fähigkeiten wie Praxisführung und Teamleitung vermitteln.

  • Prävention und Mundgesundheitskompetenz sollten gefördert werden – auch durch supranationale Initiativen, um Maßnahmen auf nationaler Ebene zu unterstützen.

  • Digitale Möglichkeiten bei der Prävention, Terminvereinbarung und Nachsorge sollten gestärkt werden.

  • Vor allem für die zahnmedizinische Versorgung im ländlichen Raum sollten Anreize geschaffen werden, um Praxisstandorte dort zu gründen – etwa durch finanzielle Anreize, Karrieremöglichkeiten für Ehepartner oder Kinderbetreuung.

Der Council of European Dentists vertritt mehr als 340.000 praktizierende Zahnärzte in ganz Europa. Er setzt sich aus 33 nationalen Zahnarztverbänden aus 31 europäischen Ländern zusammen. Das Hauptanliegen des CED ist die Förderung der Interessen der Zahnärzteschaft in der EU. Auch die Bundeszahnärztekammer ist im CED vertreten und bringt ihre Expertise in das Gremium ein, so etwa bei der Erarbeitung von politischen Positionen und Stellungnahmen.

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