Hartmannbund zur Reform der Notfallversorgung

„Finanzielle Beteiligung von Patienten darf kein Tabu sein“

pr
Hartmannbund-Verbände wollen die Inanspruchnahme der Notfallversorgung in den Fokus rücken. Die Idee dabei: die finanzielle Beteiligung von Patienten.

Die mitteldeutschen Hartmannbund Landesverbände Sachsen, Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt klinken sich in die Debatten um die Reform der Notfallversorgung ein. Ihrer Meinung nach müsse insbesondere die sinnvolle Steuerung der Inanspruchnahme der Notfallstrukturen endlich in den Fokus gerückt werden. Dabei dürfe auch eine finanzielle Beteiligung der Patienten kein Tabu mehr sein, heißt es in einer gemeinsamen Pressemeldung.

Bevor über neue Strukturen mit neuen Pflichten und Verantwortlichkeiten für Kostenträger und Ärzteschaft nachgedacht würde, müsse auch die Rolle der Patientinnen und Patienten im bisherigen System kritisch beleuchtet werden, erklärte der Vorsitzende des Hartmannbund Landesverbandes Sachsen, Dr. Thomas Lipp dazu. Er formulierte es so: „Es geht nicht, bei einem Dreibein nur an zwei Beinen herumzuschrauben, so wird es nie eben. Entsprechend muss, um eine Schieflage des Systems der Notfallversorgung zu beenden, auch der Dritte im Bunde in die Verantwortung mit einbezogen werden: die Patientinnen und Patienten.“ Und das gehe nur über eine finanzielle Beteiligung dieser Gruppe, so Lipp, „die natürlich sozial verträglich gestaltet werden muss, um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen wie einst bei der Praxisgebühr.“

Zuzahlung soll Gesundheitskompetenz erhöhen

Die Hartmannbund-Verbände reagieren mit ihrem Vorstoß auf die Mitte Februar veröffentlichten Empfehlungen der Regierungskommission für eine Neuordnung der Akut- und Notfallversorgung. Diese hatten bereits einige kritische Reaktionen hervorgerufen, so auch kürzlich von den Delegierten der Ärztekammer Nordrhein. Sie halten eine spürbare Kostenbeteiligung in sozialverträglicher Ausgestaltung für den einzig realistischen Weg, den Versicherten den Wert der von ihnen beanspruchten Leistungen vor Augen zu führen, in der Höhe gestaffelt nach den Versorgungsstufen, wie sie in einer Entschließung formulierten. Das würde mittelfristig auch die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung verbessern, denn die mögliche Vermeidung von Kosten sei ein guter Anreiz, sich um Gesundheitskompetenz selbst zu kümmern.

Laut Auffassung der Mitteldeutschen Hartmannbund-Landesverbände müssten dabei insbesondere die zahlreichen Nicht-Notfälle in geeigneter Form an den Kosten beteiligt werden. „Dafür spricht vor allem, dass sich laut Studienlage nahezu 50 Prozent der Patientinnen und Patienten selbst nicht als Notfall einstufen würden“, ergänzte der Vorsitzende des Hartmannbund Landesverbandes Brandenburg, Dr. Hanjo Pohle. Was wir nun in der Folge sehen würden, sei schlicht ein aktiver, bewusst in Kauf genommener und leichtfertiger Missbrauch von gesellschaftlichen Ressourcen.

Kritisch zu sehen sei auch, dass die von der Regierungskommission geplanten Notdienstpraxen auch zu den normalen Sprechstundenzeiten geöffnet sein sollen, betonen die vier Landesverbände weiter. Bereits heute sei zu beobachten, dass eine große Zahl an Patientinnen und Patienten zu den regulären Öffnungszeiten der Praxen Notfallstrukturen aufsuchten. Dies müsste nicht so sein, wenn die vorhandenen ambulanten Strukturen endlich für diese wichtige Aufgabe gestärkt werden würden, so die Verbände.

Zum Hintergrund: Von 2004 bis 2012 existierte im deutschen Gesundheitswesen bereits eine Praxisgebühr. Es handelte sich um eine Zuzahlung in Höhe von zehn Euro, die gesetzlich Versicherte bei Arzt- und Zahnarztbesuchen und im Notdienst (Arzt oder Krankenhaus) einmal im Quartal zu entrichten hatten. Sie kam den Krankenkassen zugute.

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