Fleischverzicht bleibt die Ausnahme
Hauptsache es schmeckt? Neun von zehn (92 Prozent) Befragten der neuen Studie der Techniker Krankenkasse (TK) finden nach eigener Aussage gesundes Essen wichtig oder sehr wichtig. Gut drei Viertel (77 Prozent) räumen der Nachhaltigkeit von Lebensmitteln einen großen Stellenwert ein. Am wichtigsten ist den Befragten jedoch der Genuss.
Den Nutri-Score nutzen nur vier von zehn Befragten
Wie aus der Befragung hervorgeht, sind es weniger mangelnde Kenntnisse über gesunde Ernährung, die die Menschen davon abhalten, den Speiseplan gesünder zu gestalten, sondern eher ein eng getakteter Alltag. So gaben 43 Prozent der Befragten fehlende Zeit und Ruhe als Grund an, sich nicht gesünder zu ernähren. Es folgen mangelndes Durchhaltevermögen (37 Prozent) sowie die schwierige Vereinbarkeit von gesunder Ernährung und Beruf (27 Prozent).
Die Lebensmittelkennzeichnung durch den Nutri-Score nutzen nur vier von zehn Befragten. Er kann bei industriell hergestellten Lebensmitteln, wie Joghurt, Konserven oder Fertiggerichten Orientierung geben, welches Produkt die gesündere Wahl ist. Die Lebensmittel-Ampel wurde 2020 in Deutschland eingeführt, um den Nährwert für Verbraucherinnen und Verbraucher auf Verpackungen einfacher kenntlich zu machen. Es zeige sich, dass die Befragten, die den Nutri-Score nutzen sich gesünder und vollwertiger ernähren als diejenigen, die sich nicht daran orientieren.
Fleischesserinnen und -esser sind laut der TK-Befragung nach wie vor in der Überzahl. Der Anteil der Menschen, die regelmäßig Fleisch essen, ging seit der letzten TK-Ernährungsstudie im Jahr 2017 nur leicht von 84 Prozent auf 78 Prozent zurück. Auch vergrößerte sich der Anteil der Befragten, der sich überwiegend pflanzlich ernährt, im Vergleich zur Vorgängerstudie nur leicht - von 13 auf 17 Prozent. Zwei Prozent ernähren sich nach eigenen Angaben komplett vegetarisch und nur ein Prozent isst gar keine tierischen Produkte, lebt also vegan.
Auffällig ist laut der Untersuchung auch der Unterschied im Essverhalten von Männern und Frauen. Frauen legen demnach deutlich mehr Wert auf Bio und bewusste Ernährung. So essen beispielsweise rund sieben von zehn Frauen täglich Obst und Gemüse. Bei den Männern ist es nur knapp die Hälfte.
Frauen legen viel mehr Wert auf Bio
41 Prozent der Befragten essen zudem weniger Obst und Gemüse als von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen. Zu den Lieblingsgerichten gehören nach wie vor bürgerliche Hausmannskost und Nudelgerichte, die tendenziell mehr Fett und Kohlenhydrate enthalten. Auch greifen immer mehr Menschen zwischendurch gern zu Süßigkeiten und Chips: Zwischen 2017 und 2023 hat sich der Anteil derjenigen, die oft nebenbei Chips, Schokolade oder Ähnliches naschen, von 29 auf 36 Prozent erhöht. Zu einer gesunden Ernährung gehört auch, viel zu trinken. Eine Herausforderung – besonders für Ältere. Gut vier von zehn Menschen über 60 erreichen eigenen Angaben zufolge nicht die von der DGE empfohlene Trinkmenge von mindestens 1,5 Litern pro Tag.
„Gesundes Essen sollte schmecken und leicht zuzubereiten sein, damit es auch mit dem Alltag der Menschen vereinbar ist,“ sagte TK-Chef Jens Baas. Eine besondere Verantwortung komme da auch der Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen und Betrieben zu. Hier werde ein Großteil der Menschen erreicht, auch diejenigen, die ansonsten nicht für ausreichend gesunde Mahlzeiten sorgen können, so Baas. Und Prof. Ulrike Arens-Azevêdo, DGE-Mitglied und ehemalige DGE-Präsidentin, betonte, beim Thema Ernährung gehe es nicht mehr nur um die Gesundheit des Menschen, sondern auch um die Gesundheit des Planeten. Eine überwiegend pflanzliche Ernährung sei gesünder und belaste das Klima weniger als eine fleischbasierte Ernährung. Das werde auch bei den DGE-Empfehlungen berücksichtigt.
Für die repräsentative Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 2. bis 26. Mai 2023 telefonisch bundesweit 1.704 Deutsche ab 18 Jahren zu ihrem Ernährungs- und Trinkverhalten.