Fluorid schwächt bakterielle Haftkräfte
Gegen Karies hilft vorbeugend bekanntlich nur regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta. Das darin enthaltene Fluorid verbindet sich mit dem Zahnmaterial, dem Hydroxylapatit (HAP) und bildet unter anderem Fluorapatit (FAP), das weniger säurelöslich ist als das HAP und den Zahn vor Säureangriffen durch die Mikroben schützen soll.
Fluorid dringt nicht so tief in den Zahnschmelz ein, wie vermutet
Forscher der Saar-Uni um Physikprofessorin Karin Jacobs haben allerdings schon vor einigen Jahren gezeigt, dass Fluorid nicht so tief in den Zahnschmelz eindringt, wie lange vermutet wurde. "Zudem ist dieser Schutzmantel sehr dünn und fragil“, erklärt die Saarbrücker Physikerin. "Ob die bisherige Erklärung der Wirksamkeit von Fluor tatsächlich ausreichend ist, ist daher fraglich und war unsere Motivation zu weiteren Experimenten.“
In einer neuen Studie hat das Team um Jacobs nun zusammen mit Mikrobiologen des Universitätsklinikums Homburg untersucht, welche Rolle diese dünne Fluoridschicht bei der Interaktion zwischen Bakterien und Zahnoberfläche spielt.
Für ihre Versuche verwendeten die Forscher eigens hergestellte Hydroxylapatit-Plättchen, die dem Zahnschmelz in der Zusammensetzung zwar ähneln, aber eine sehr glatte Oberfläche aufweisen und daher für die hochauflösenden Analysemethoden besser geeignet sind als natürliche Zähne.
Fluorid verdrängt Mikroorganismen
Die Physiker bestimmten mithilfe der Rasterkraftmikroskopie die Haftkraft verschiedener Bakterienarten, darunter zwei Karieserreger (Streptococcus mutans, Streptococcus oralis). Es zeigte sich, dass die untersuchten Mikroorganismen - gleich um welche Spezies es sich handelte - an den Oberflächen, die mit Fluorid behandelt worden sind, nur halb so stark haften blieben wie an den unbehandelten Oberflächen.
"Ob dieses im Labor erzielte Ergebnis auch in der Mundhöhle Bestand hat, müssen wir nun noch untersuchen“, kommentiert Jacobs die Ergebnisse. "Interessant ist in jedem Fall, dass Fluorid bakterielle Haftkräfte generell zu schwächen scheint.“ Dieser Effekt könnte künftig auch dabei helfen, bessere Zahnfüllungen, Zahnersatz und medizinische Implantate zu entwickeln.Die Studie, die im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 1027 "Physikalische Modellierung von Nichtgleichgewichtsprozessen in biologischen Systemen" entstand, wurde unter dem Titel "Reduced adhesion of oral bacteria on hydroxyapatite by fluoride treatment“ im Journal Langmuir veröffentlicht: dx.doi.org/10.1021/la4008558