Freiberufler blicken skeptisch auf den Herbst
Zwar geben sich die Freiberufler im Vergleich zu vorangegangen Umfragen zuversichtlicher – dennoch ist mit Blick auf eine mögliche Verschärfung der Situation im Herbst jeder Zweite verunsichert und skeptisch. Das ergab eine repräsentative Befragung des Instituts für Freie Berufe (IFB) unter rund 1.300 selbstständigen Freiberuflern zwischen Ende Juni und Mitte Juli 2021 zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in den Freien Berufen.
Heilberufler sind stark gefordert, Kulturberufler stark betroffen
Wie vorherige BFB-Umfragen zeigt auch die neue Befragung ein heterogenes Bild: Während Teile der Freien Berufe – wie etwa die Heilberufler - weiterhin enorm gefordert sind, sind andere von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie stark betroffen. Das gilt besonders für die freien Kulturberufe, Solo-Selbstständige Freiberufler, kleine Freiberufler-Einheiten mit bis zu fünf Mitarbeitern und ganz junge Unternehmen.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Wirtschaftliche Lage:Verglichen mit 2020 schätzt ein Viertel der befragten Freiberufler ihre derzeitige wirtschaftliche Lage besser ein, für 47 Prozent bleibt sie gleich, bei 20 Prozent fällt sie schlechter aus. Knapp 8 Prozent stellen keinerlei pandemiebedingte Veränderungen fest. Besonders zurückhaltend bleiben bei ihrer Beurteilung die freien Kulturberufe, Solo-Selbstständige und kleine Freiberufler-Einheiten mit bis zu fünf Mitarbeitern. Im laufenden Jahr wurden 31 Prozent von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie gar nicht getroffen, 44 Prozent kaum, fast 20 Prozent stark und 5 Prozent sehr stark. Damit hatte die Pandemie für rund drei Viertel keine oder nur geringe wirtschaftliche Auswirkungen. Im Vorjahr war dies dagegen bei weniger als zwei Drittel der Fall.
Auftragsrückgang:Im Verlauf dieses Jahres verzeichneten gut 2 Prozent einen Auftragsrückgang von mehr als 75 Prozent. Bei 5 Prozent lag er bei über 50 bis 75 Prozent, bei knapp 13 Prozent bei über 25 bis 50 Prozent, bei rund 25 Prozent bei über fünf bis 25 Prozent, bei 54 Prozent bei bis zu fünf Prozent. Verglichen mit den Werten für das Corona-Jahr 2020 hat sich die Auftragslage ein Stück weit verbessert. Für 2020 verzeichneten noch 11 Prozent der Befragten Auftragsrückgänge von 50 oder mehr Prozent und 45 Prozent berichteten Auftragseinbrüche von höchstens fünf Prozent.
Stellenabbau:Im Verlauf dieses Jahres waren acht Prozent der Freiberufler gezwungen, Stellen abzubauen, weitere mindestens 130.000 Stellen sind im nächsten halben Jahr bedroht.
Arbeitsauslastung:24 Prozent der befragten Freiberufler gaben an, dass ihre Arbeitsauslastung in der Pandemie gesunken ist, 30 Prozent spürten keine Veränderung. Bei 9 Prozent erfolgte eine Steigerung um bis zu fünf Prozent, bei gut 21 Prozent um über fünf bis 25 Prozent, bei neun Prozent um über 25 bis 50 Prozent, bei fast 5 Prozent um über 50 bis 75 Prozent und bei knapp 2 Prozent um über 75 Prozent. Besonders bei den freien Heilberufen und den beratenden Freiberuflern nahm die Arbeitsauslastung zu. 55 Prozent davon begründen dies mit dem im Zuge der Krise entstandenen zusätzlichen bürokratischen Aufwand. 52 Prozent führen das darüber hinaus auf den gestiegenen Beratungsbedarf der Patienten, Mandanten, Klienten und Kunden zurück. 29 Prozent sagen, es sei die fehlende Planungssicherheit aufgrund häufig wechselnder Vorgaben der Regierung. 22 Prozent gaben an, zu wenig Mitarbeiter zu haben.
Perspektive:83 Prozent der Befragten, bei denen die Arbeitsauslastung gestiegen ist, rechnen bis zum Jahresende nicht mit einem Rückgang, 18 Prozent hingegen schon. Diejenigen, die keinen Rückgang annehmen, gehen hauptsächlich davon aus, dass die Folgen der Pandemie sie weiterhin fordern werden.
Insgesamt sehen die Freiberufler diverse Hemmnisse für einen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Pandemie. 50 Prozent von ihnen sind verunsichert aufgrund möglicher Corona-Maßnahmen im kommenden Herbst. 46 Prozent geben zudem an, dass das unzureichende Tempo der öffentlichen Verwaltung ein Hemmschuh ist. 45 Prozent halten den Fachkräftemangel für ein Hindernis. Eine restriktive Ausgabenpolitik der Patienten, Mandanten, Klienten und Kunden sowie einen Nachfragerückgang ihrer Leistungen, die schleppende Digitalisierung und Materialengpässe befürchten jeweils fast ein Drittel.
Politik muss die Freiberuflichkeit stärker Wertschätzen
Drei Viertel der Befragten erwarten von der Politik eine höhere Wertschätzung der Freiberuflichkeit. Für 5,5 Prozent muss außerdem Selbstständigkeit besser gefördert werden. 48 Prozent mahnen daneben mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit der Gesetzgebung an. 48 Prozent verlangen wirksame Konzepte zur Fachkräftesicherung. Und 20 Prozent wünschen sich eine bessere Förderung von Neugründungen und Nachfolgen.