Gesichtsschwund nach Zeckenbiss
Die heute 56-jährige Patientin bemerkte erstmalig 1989 einen Gewebeschwund im Bereich der linken Schläfe, dem eine fortschreitende Abnahme des Fettgewebes in der gesamten linken Gesichtshälfte folgte. Sie war deswegen ab 1991 über fünf Jahre hinweg in einer Berliner Klinik in Behandlung. Der behandelnde Arzt stellte die Diagnose Hemiatrophia faciei links - Schwund der linken Gesichtshälfte - unbekannter Herkunft.
2005 erfolgte in der Dermatologie des Universitätsklinikums Dresden die antibiotische Therapie einer Veränderung am linken Unterarm, die als Acrodermatitis chronica atrophicans diagnostiziert wurde; eine Hauterkrankung, bei der das Fettgewebe unter der Haut schwindet. Auslöser dafür kann eine Infektion mit Borrelien nach Zeckenbiss sein, was bei der Patientin serologisch bestätigt wurde.
Im Juli 2007 stellte sie sich erstmals in der Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie des Universitätsklinikums Dresden wegen einer Geschwulst am linken Nacken vor, die operativ entfernt wurde. In dem Zusammenhang fiel den MKG-Spezialisten der deutliche Abbau des gesamten Unterhautfettgewebes der linken Gesichtshälfte auf und sie schlugen der Patientin die Möglichkeit der plastischen Rekonstruktion der Gesichtsweichgewebe mittels eines freien mikrovaskulär angeschlossenen Fettgewebetransplantates vor.
Detaillierte Diagnostik
Zur genauen weiteren Abklärung der Hemiatrophie wurde eine Magnetresonanztomografie (MRT) erstellt. Die Daten bestätigten, dass das gesamte Unterhautfettgewebe zwischen Unterkiefer, Augenhöhle und Ohr fehlte.
Gewebebiopsien der Haut und des darunterliegenden Gewebes aus dem Bereich unmittelbar vor dem Ohr erbrachten eine gering-gradige chronische fibrosierende Entzündung. Eine derartige Veränderung kann gegebenenfalls mit einer Sklerodermie[1] vereinbar sein, ist aber für sich allein nicht ausreichend charakteristisch.
Fazit: Das Gesicht bestand in diesem Bereich ausschließlich aus Knochen, Muskulatur, Nerven und Haut.
Gesichtsrekonstruktion
Im Frühjahr 2009 wurde die Frau dann in der Dresdner Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie stationär aufgenommen und in Vollnarkose die Transplantation eines mikrovaskulären Haut-Fettgewebeareals vom Bauch unter die Haut der linken Gesichtshälfte durchgeführt.
Damit bei der Patientin keine zusätzlichen äußeren Narben am Bauch entstehen, wurde das Gewebetransplantat oberhalb ihrer Kaiserschnittnarbe entnommen und das Monitor-Hautareal vor dem Ohr im Bereich des standardisierten Faceliftzugangs eingenäht.
Das Haut-Fettgewebe wurde in seinem Entnahmebereich durch einen Ast (Perforatorgefäß) von Arterien und Venen (Arteria und Vena epigastrica inferior) ernährt. Diese hatten die MKG-Chirurgen im Bereich der Leiste abgesetzt und an die rechten Halsgefäße (Arteria und Vena thyroidea inferior) rechts angeschlossen.
So wurde sichergestellt, dass das transplantierte Gewebe im Gesicht weiter ernährt wird und nicht abstirbt. Zur Sicherheit blieb die Patientin nach dem Eingriff für eine Nacht zur Überwachung auf der Intensivstation.
Ästhetik
Bei der Haut-Fettgewebetransplantation wurde zunächst eine Überkonturierung angestrebt, um dann im Bereich der Nasiolabialfalte und der Infraorbitalregion einen harmonischen Übergang zum angrenzenden, nicht geschwundenen Gewebe zu erzielen. Dafür transplantieren die MKG-Chirurgen einige Monate nach dem ersten Eingriff ebenfalls in Vollnarkose noch freies Fettgewebe in den Übergangsbereich.
Nach der Stabilisierung des Ergebnisses der Fettgewebeaugmentation über 20 Monate hinweg erfolgte dann im April 2011 die erneute Unterfütterung mittels freier Fetttransplantation und Fettinjektion.
Zwei Jahre später wurde eine weitere Injektion von Fettgewebe im Bereich des Mundwinkels links sowie etwas tiefer am Unterkieferrand durchgeführt und mit einer Lidstraffung links kombiniert.
Das Ergebnis: Seither sind keine weiteren Touch-ups mehr erfolgt. Das Resultat ist stabil und zeigt jetzt eine symmetrische Gesichtskontur. So konnte mit der mikrochirurgischen Transplantation eines speziellen Gewebelappens geholfen werden, den Gesichtsschwund ästhetisch anspruchsvoll auszugleichen.