Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein

Gesundheitsämter dürfen Impfnachweis nicht per Verwaltungsakt anfordern

pr
Gesellschaft
Gesundheitsämter sind nicht befugt, Mitarbeitende in Gesundheitseinrichtungen durch einen förmlichen Verwaltungsakt zur Vorlage von Impfnachweisen aufzufordern.

Zum Hintergrund: Eine Zahnarzthelferin aus Flensburg, die sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen will, wurde vom zuständigen Gesundheitsamt aufgefordert, bis Anfang Juni einen Impf- oder Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen, dass sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden darf. Der Bescheid wurde vom Gesundheitsamt für sofort vollziehbar erklärt und die Antragstellerin auf die Möglichkeit eines Bußgeldes hingewiesen, wenn sie der Anordnung nicht nachkommt.

Erst beim Betretens- oder Tätigkeitsverbot kommt es zum Verwaltungsakt

Nach Auffassung des Gerichts fehlt der Behörde für die Durchsetzung der Nachweispflicht jedoch die Verwaltungsaktbefugnis. Die Entstehungsgeschichte des maßgeblichen § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG, wonach Mitarbeitende in den betroffenen Gesundheitseinrichtungen dem zuständigen Gesundheitsamt auf Anforderung einen Impf-, Genesenen- oder Kontraindikationsnachweis vorzulegen haben, lasse darauf schließen, dass die Durchsetzung der Vorlagepflicht nicht durch Verwaltungsakt erfolgen solle, argumentierten die Richter. Vielmehr könne erst das bei Verweigerung des Nachweises finale Betretens- oder Tätigkeitsverbot im Wege des Verwaltungsakts ergehen.

Für diese Auslegung spricht nach Auffassung der Kammer auch die Regelung des § 20a IfSG, der keine unmittelbare, notfalls mit Verwaltungszwang durchsetzbare Impfpflicht (Impfzwang) festsetze. Hier solle lediglich ein indirekter Impfdruck erzeugt werden, indem an die Nichtbefolgung der Nachweis- oder Untersuchungspflicht berufliche Nachteile anknüpfen. Wer ungeimpft bleiben wolle, müsse bei Fortsetzung der Tätigkeit mit einer bußgeldbewehrten Nachweisanforderung und einem ebenfalls bußgeldbewehrten Betretungs- oder Tätigkeitsverbot in den in § 20a Abs. 1 Satz 1 IfSG genannten Einrichtungen und Unternehmen rechnen.

Entscheidung betrifft keinen konkreten Bußgeldbescheid

Angesichts der teilweise missverständlichen Medienberichterstattung gibt das Gericht zum Eilbeschluss ausdrücklich folgenden Hinweis: Eine konkrete Bußgeldandrohung gegenüber der Zahnarzthelferin war nicht Gegenstand der Entscheidung, sondern es ging um die vorgelagerte Frage, ob die Anforderung des Nachweises durch die Behörde per förmlichem Verwaltungsakt erfolgen durfte. Dies hat das Gericht verneint.

Gegen die Beschlüsse vom 13. und 14. Juni 2022 (Az. 1 B 28/22) kann nach Auskunft des Gerichts binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

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