Hausärzte: Verwaltungssoftware Marke Eigenbau
„Die schleppende Digitalisierung ist inzwischen zu einer Gefahr für die Qualität der Versorgung geworden“, sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes am Donnerstag in Berlin. "Jeden Tag gehen den Hausärzten in Deutschland viele Tausend Arbeitsstunden verloren, weil die Prozesse in den Praxen nicht digitalisiert sind", ergänzte Jens Wagenknecht vom Bundesvorstand des Deutschen Hausärzteverbands.
Aus diesem Grund hat der Deutsche Hausärzteverband gemeinsam mit einem Softwareunternehmen eine eigene Verwaltungssoftware entwickelt. Mit der webbasierten App "geniocare" soll die Leistungserfassung und Abrechnung der Vollversorgungsverträge zur hausarztzentrierten Versorgung zukünftig einfacher und schneller durchgeführt werden können.
Kein Ersatz zur KV-Software
Die App ist kein Ersatz für die Software, mit der die Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigungen geschehe, sagte der Hausärzte-Chef. „Für die KV-Abrechnung steht weiterhin die bisherige Praxissoftware zur Verfügung“.Die App soll vielmehr dabei helfen, die Arbeit effizienter zu machen.
"Geniocare" ist von Hausärzten für Hausärzte entwickelt worden, sagte Testarzt Wagenknecht. Für das Programm, in dem alle Vollversorgungsverträge zur hausarztzentrierten Versorgung integriert sind, entstehen zudem keine Bereitstellungskosten, alle Updates erfolgen automatisiert und kostenfrei. Auch das Medikationsmanagement (inklusive des Medikationsplans), das bis Ende Oktober zur Verfügung stehen soll, ist im Programm inbegriffen.
Die App soll im Verlauf des dritten Quartals zur Verfügung stehen, die Kosten hierfür belaufen sich auf 49 Euro pro Monat plus Mehrwertsteuer. Eine zusätzliche Hardware, um das Programm nutzen zu können, braucht es nicht. Geniocare wurde von der egopulse Deutschland GmbH, in Kooperation mit dem Deutschen Hausärzteverband entwickelt und getestet.
Wenn die gematik nicht aus den Puschen kommt...
Weigeldt verwies darauf, dass der Deutsche Hausärzteverband und seine Landesverbände zunehmend auf eigene Projekte setzen, um den Kollegen in den Praxen die Möglichkeit zu geben, die Vorteile der Digitalisierung nutzen zu können. So gebe es in Rheinland-Pfalz etwa das Projekt Tele-VERA. Dort wird bei Hausbesuchen etwa ein EKG gemacht, aufgezeichnet und digital in die Praxis gesendet. Das Abrechnungsprogramm für die Hausarztverträge ist ein weiterer Baustein dieser Strategie, so Weigeldt.
Kritik übte er am Stand der Umsetzung der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen. "Von einer modernen digitalen Patientenakte ist man in Deutschland nach wie vor meilenweit entfernt. Und das nur, weil sich die Selbstverwaltungsakteure in der gematik gegenseitig blockieren."Die Videosprechstunde bezeichnete er bislang als "Rohrkrepierer": "Sie ist mit dermaßen vielen Vorgaben, Einschränkungen, Budgetierungen und Regelungen verbunden, dass am Ende des Tages kaum ein Arzt seinen Patienten einen solchen Service anbieten kann", so Weigeldt.