Implantatversorgung: Drei bis sechs Monate Einheilzeit ist lege artis
Im vorliegenden Fall stellte sich die Patientin in der Praxis des beklagten Zahnarztes mit entzündetem Zahnfleisch am Oberkiefer vor. Im Rahmen der vereinbarten Behandlung wurden ihr daraufhin mehrere Zähne abgeschliffen und der Oberkiefer wurde mit einer Kurzzeitprothese versorgt. Anschließend wurde ein Operationstermin für eine Implantatversorgung vereinbart.
Nachdem die Implantate im August inseriert und die Stifte eingesetzt worden waren, sollte sich die Patientin erneut im Oktober vorstellen. Bei diesem Termin teilte ihr der Zahnarzt mit, dass noch bis Ende März mit der Endbehandlung gewartet werden müsste, da eine weitere Regeneration des Zahnfleischs notwendig sei.
Vor Gericht sagte die Patientin aus, sie habe nach dem Einsatz des Provisoriums weder feste Nahrung zu sich nehmen noch sich artikulieren können. Zudem habe sich das Provisorium immer wieder gelöst. Außerdem habe sie seit dem Abschleifen der Zähne unter offenliegenden Nerven gelitten und vor Schmerzen nicht schlafen können. Aufgrund dieser Beschwerden und der psychische und physischen Schwäche sei sie immer weiter abgemagert, wodurch das Provisorium noch schlechter gesessen habe und immer wieder herausgefallen und mehrfach auseinandergebrochen sei.
Patientin fordert 15.000 Euro Schmerzensgeld
Insgesamt sei der Patientin die Behandlung deutlich zu lange gewesen, gab sie vor Gericht zu Protokoll, diese hätte in einem Zeitraum von zwei bis drei Monaten erfolgen können. Der Zahnarzt hätte ihr außerdem ein besser haltendes Provisorium anpassen müssen. Dies wertete die Patientin als fehlerhafte Behandlung. Für die entstandenen Schmerzen und Beeinträchtigungen hielt sie ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro angemessen. Zusätzlich forderte sie, der beklagte Zahnarzt müsse die Kosten in Höhe von rund 5.700 Euro für ein Provisorium übernehmen, dass sie nach Abbruch der Behandlung in einer anderen Praxis anfertigen ließ.
Das Landgericht Paderborn konnte indes keinen Behandlungsfehler des beklagten Zahnarztes feststellen. Dabei folgte die Kammer der Darstellung eines Sachverständigen. Dieser stellte fest, dass die notwendigen Behandlungsschritte zum Erstellen eines Provisoriums durchgeführt worden seien: "Zwar sei es insgesamt sieben Mal zu einem Bruch gekommen", sagte der Richter, "hieraus folgert der Sachverständige aber keinen Mangel der Behandlung, da die Behandlungsschritte [...] nach den zahnärztlichen Behandlungsregeln durchgeführt worden seien."
Gericht: "Eine gewisse Einheilzeit muss berücksichtigt werden"
Auch eine "überlange Behandlungszeit" konnte der Sachverständige nicht bestätigen. "Vielmehr sei bei einer Versorgung mit Implantaten eine gewisse Einheilzeit zu berücksichtigen", heißt es im Urteil. "Diese liegt nach Angaben des Sachverständigen im Bereich von drei bis sechs Monaten, so dass im Falle der Klägerin keine Verzögerung der Behandlung festzustellen sei."
Das Gericht entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung des beantragten Schmerzengeldes hat. Auch der Antrag auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 5.700 Euro wurde mangels vorwerfbarem Behandlungsfehler abgelehnt.
LG PaderbornAz.: 4 0 329/16Urteil vom 27.9.2017