Zahlen aus dem Bundesgesundheitsministerium

Kassen stehen wegen Pandemie im Milliarden-Minus

pr
Die gesetzlichen Krankenkassen haben im 1. bis 3. Quartal 2020 ein Defizit von knapp 1,7 Milliarden Euro verbucht. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Die Pandemie hinterlässt immer deutlichere Spuren.“

Die Finanzreserven der Krankenkassen lagen demnach zum Stichtag 30. September bei 17,8 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,81 Monatsausgaben und damit im Durchschnitt etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve. Der Gesundheitsfonds erzielte in den Monaten von Januar bis September ein Defizit von minus 5,1 Milliarden Euro.

Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zeigen die aktuellen Zahlen: „Die Pandemie hinterlässt immer deutlichere Spuren bei den Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen.“ Spahn kündigte an, dass die GKV in diesem und im nächsten Jahr einen zusätzlichen Bundeszuschuss erhalten sollen, um Lasten auf verschiedenen Schultern zu verteilen und ein deutliches Signal an Beitragszahler und Arbeitgeber zu senden.

Zusatzbeitragssatz liegt weiterhin stabil bei 1 Prozent

Einnahmen der Krankenkassen in Höhe von 194,7 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 196,3 Milliarden Euro gegenüber, meldet das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weiter. Die Einnahmen der Krankenkassen, die sie in erster Linie durch vorab festgelegte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, sind um 4,0 Prozent gestiegen. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,3 Prozent einen Zuwachs von 4,2 Prozent. Dies entspricht dem Ausgabenzuwachs, den der GKV-Schätzerkreis für das Gesamtjahr 2020 erwartet hatte, so das BMG. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz liegt weiterhin stabil bei 1,0 Prozent.

Nur die landwirtschaftlichen Kassen machen Plus

Die Finanzentwicklung in den ersten drei Quartalen ist je nach Krankenkassenart unterschiedlich. Die landwirtschaftlichen Kassen erzielten einen Überschuss von rund 45 Millionen Euro. Alle anderen Kassen standen im Minus: Die Ersatzkassen erzielten ein Minus von 280 Millionen Euro, die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) von 1,09 Milliarden Euro, die Betriebskrankenkassen (BKK) von 95 Millionen Euro, die Innungskrankenkassen (IKK) von 156 Millionen Euro und die Knappschaft von 101 Millionen Euro. Diese Ergebnisse beruhen allerdings teilweise auch auf dem im laufenden Jahr erzwungenen Abbau von Finanzreserven der Kassen.

Auch der Gesundheitsfonds ist zusammengeschrumpft

Auch der Gesundheitsfonds ist zusammengeschrumpft. Zum 15. Januar 2020 verfügte er noch über eine Liquiditätsreserve von rund 10,2 Milliarden Euro. Im 1. bis 3. Quartal 2020 verzeichnete er ein Defizit von rund 5,1 Milliarden Euro. Das BMG führt dieses Defizit - neben den üblichen saisonalen Effekten - maßgeblich auf konjunkturbedingte Mindereinnahmen sowie auf Ausgleichszahlungen an Leistungserbringer zurück.

Die Beitragseinnahmen der Kassen legten der Statistik zufolge in den drei Quartalen nur noch um 2,1 Prozent zu. Zum Vergleich: In den Vorjahren waren es jeweils durchschnittlich über vier Prozent. Die Ausgaben der Kassen wuchsen im gleichen Zeitraum für Leistungen und Verwaltungskosten um absolut 4,2 Prozent.

Zur Ausgabenentwicklung

Zur Ausgabenentwicklung

Ärzte: Nach einem Ausgabenrückgang im zweiten Quartal kam es im dritten Quartal im Zuge einer Normalisierung des Leistungsgeschehens – teilweise verbunden mit erwarteten „Nachholeffekten“ – wieder zu steigenden Ausgaben. Das gilt insbesondere für den Bereich der ärztlichen Behandlung, deren Zuwachs nach einem Anstieg von 4,5 Prozent im 1. Halbjahr auf 7,4 Prozent für das 1. bis 3. Quartal gestiegen ist. Das BMG weist darauf hin, dass diese Veränderungsraten - da noch keinerlei Abrechnungsdaten der Ärzte vorliegen - noch sehr unsicher und in hohem Maße von Einschätzungen der Krankenkassen geprägt sind.

Zahnärzte: Ausgabenrückgänge gab es der Statistik zufolge im ersten bis dritten Quartal 2020 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum bei zahnärztlicher Behandlung (-0,4 Prozent), bei Zahnersatz (-7,2 Prozent).

Insgesamt bewegen sich die bisherigen Ausgabenzuwächse der Kassen in Höhe von 4,2 Prozent laut Aussagen des BMG bislang im Rahmen der Prognose des GKV-Schätzerkreises, der für 2020 insgesamt eine Veränderungsrate von 4,3 Prozent prognostiziert hatte. Die vorläufigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2020 werden erst Anfang März 2021 vorliegen.

Mit dem Maßnahmenpaket, das der Bundestag vor Kurzem mit dem Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (GVPG) in 2. und 3. Lesung beschlossen hat, sieht das BMG jedoch die Voraussetzungen für eine stabile Finanzierungsgrundlage der GKV auch im kommenden Jahr als geschaffen an. Fachleute sehen das kritisch.

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