Bundesarbeitsgericht

Kein Lohn bei Schließung wegen Lockdown

ck
Praxis
Muss der Arbeitgeber seinen Betrieb wegen eines behördlich angeordneten Lockdowns vorübergehend schließen, ist er nicht verpflichtet, seinen Angestellten weiterhin Lohn zu zahlen. Das urteilt das Bundesarbeitsgericht.

In dem zugrunde liegenden Fall ging es um einen Betrieb, der mit Nähmaschinen und Zubehör handelt und in Bremen eine Filiale unterhält. Dort arbeitete die Klägerin seit Oktober 2019 als geringfügig Beschäftigte für 432 Euro monatlich im Verkauf.

Im April 2020 war der Laden wegen der „Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus“ der Freien Hansestadt Bremen geschlossen. Die Frau konnte deshalb nicht arbeiten und erhielt auch keine Vergütung.

Betriebsrisiko oder allgemeines Lebensrisiko?

Mit ihrer Klage verlangte sie die Zahlung ihres Lohns für den Monat April 2020 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Aus ihrer Sicht falle die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung in das vom Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko. Der Betrieb machte dagegen geltend, die angeordneten Maßnahmen beträfen das allgemeine Lebensrisiko, das nicht beherrschbar und von allen gleichermaßen zu tragen sei.

Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht gab nun jedoch dem Betrieb recht: "Die Klägerin hat für den Monat April 2020, in dem ihre Arbeitsleistung und deren Annahme durch die Beklagte aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung unmöglich war, keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs."

Der Arbeitgeber trage auch nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn wie hier zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2 durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. "In einem solchen Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko", urteilten die obersten Arbeitsrichter.

Der Fall offenbart Lücken im System

Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung sei vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es sei Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile,– wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgte, zu sorgen.

Soweit ein solcher Ausgleich, wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigte, nicht gewährleistet ist, beruhe dies auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Aus dem Fehlen nachgelagerter Ansprüche lässt sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten.

BundesarbeitsgerichtAz.: 5 AZR 211/21Urteil vom 13. Oktober 2021

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht NiedersachsenAz.: 11 Sa 1062/20Urteil vom 23. März 2021

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.