Bundesgerichtshof Leipzig

Keine Gesetzeslücke: Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen ist strafbar

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Gesellschaft
Bestand bis vorigen Herbst eine Lücke im Strafgesetzbuch, so dass Fälscher von Corona-Impfpässen nicht belangt werden konnten? Der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig urteilte jetzt: nein!

In dem vorliegenden Fall hatte das Landgericht Hamburg einen Mann vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung freigesprochen: Der Angeklagte hatte gegen Bezahlung insgesamt 19 falsche Impfbescheinigungen ausgestellt. Dabei hatte er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm erstellte Impfpässe eingetragen und mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes versehen.

Strafbar war nur die Vorlage von Falsifikaten bei Behörden und Versicherungen?

Angesichts der damaligen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte war dem Angeklagten klar, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in Restaurants als Impfnachweis vorlegen würden.

Das Landgericht war davon ausgegangen, dass sich der Mann nicht der Fälschung von Gesundheitszeugnissen strafbar gemacht hat, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte. Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe nach Ansicht des Landgerichts entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe.

Die "Sperrwirkung" war bislang umstritten

Die Frage, ob es diese sogenannte Sperrwirkung gibt, war bislang in der Rechtsprechung umstritten. Nun hat sie der Bundesgerichtshof als rechtsfehlerhaft beanstandet und deshalb den Freispruch aufgehoben. Die alte Vorschrift zur Fälschung von Gesundheitszeugnissen privilegiere den Täter im Vergleich zu einer Urkundenfälschung nicht. "Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine "Sperrwirkung" gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen - so wie hier - nicht (vollständig) erfüllt ist."

Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung und geht zurück nach Hamburg.

BundesgerichtshofAz.: 5 StR 283/22Urteil vom 10. November 2022

Vorinstanz:Landgericht HamburgAz.: 634 KLs 8/21Urteil vom 1. März 2022

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 267 StGB Urkundenfälschung

§ 277 StGB Fälschung von Gesundheitszeugnissen (in der bis 23.11.2021 gültigen Fassung)

§ 277 StGB Unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen (in der ab 24.11.2021 gültigen Fassung)

Bundesgerichtshof Leipzig

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