Keramikpreis: Verschleißanalyse mit Digitalabformung
Der Hintergrund:
Vollkeramische Restaurationswerkstoffe haben in den vergangenen Jahren deutlich an Festigkeit zugelegt. Der Einfluss der Oberflächenhärte - besonders von Zirkonoxidkeramik - auf Antagonisten wurde bisher fast nur in vitro simuliert. Und die klinischen Auswirkungen auf das Kiefergelenk sind noch nicht verifiziert. Zudem kamen Kunststoff-dotierte Materialen mit gehärteter Polymermatrix für die CAD/CAM-Verarbeitung auf den Markt, die sich durch Dentin-ähnliche E-Moduli auszeichnen.
Da das Biegemodul näher an dem von Dentin und dem adhäsiver Befestigungsmaterialien liegt, ist eine einheitliche Stressverteilung in der Restauration zu erwarten [Horvath et al., 2016]. Positioniert zum Beispiel für den temporären Einsatz bei der Wiederherstellung der Vertikaldimension durch Kauflächen-Veneers, sind CAD/CAM-Komposite laborverarbeiteten PMMA-Materialen hinsichtlich der Abrasionsstabilität überlegen.
Die durch den niedrigen E-Modul unterstützte Resilienzfähigkeit scheint das CAD/CAM-Komposit auch für Implantatkronen zu qualifizieren [Magne et al., 2013]. In vitro wurde festgestellt, dass CAD/CAM-Komposit auf endodontisch behandelten Zähnen eine erhöhte Ermüdungsresistenz gegenüber Feldspatkeramik zeigt [Magne et al., 2009; Magne/Knezevic, 2009]. Dies belegt, dass die organische Matrix mit verbesserten mechanischen Eigenschaften die klinischen Möglichkeiten der Verbundwerkstoffe noch ausweiten wird.
Das Team:
Prof. Dr. Sven Reich, Uniklinik RWTH Aachen (Zahnärztliche Prothetik, Implantologie, Biomaterialien), Prof. Dr.-Ing. Ulrich Lohbauer, Zahnklinik 1 der Universität Erlangen-Nürnberg, und die Zahnärzte Florian Peters sowie Oliver Hartkamp, Universitätsklinikum RWTH Aachen (MKG bzw. Zahnärztl. Prothetik) erhielten den Preis für die Untersuchung „24-Monate Antagonisten-Verschleiß durch monolithische Zirkonoxid-Seitenzahnkronen, ausgewertet auf Basis der digitalen, intraoralen Abformung“.
Die Untersuchung:
In einer klassischen Verschleißuntersuchung müssen mittels konventioneller Abformmethoden hergestellte Modelle digitalisiert werden, um die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewonnenen Daten virtuell überlagern und auf Höhenunterschiede untersuchen zu können.
Die direkte Oberflächendigitalisierung im Patientenmund kann den Verfahrensweg erheblich vereinfachen und beschleunigen und wäre nicht nur für Wissenschaftler von Bedeutung. Das Erkennen von Substanzverlusten ist für den Patienten hilfreich; die Verschleißanalyse ist eine künftige Option für die Therapiefindung.
Erster Teil der Studie:
Daher wurde im ersten Teil der Arbeit von Reich et al. an einem Phantomzahn an zwei Arealen mehrmals Substanz abgetragen, um Verschleißareale zu simulieren. Die Kauflächen wurden jeweils mit einem Intraoralscanner als auch mittels berührungsloser Profilometrie, einem der genauesten Verfahren zur Modelldigitalisierung und indirekten Verschleißanalyse, erfasst.
Beide Digitalisierungsmethoden wurden verwendet, um den jeweiligen Höhenverlust zu ermitteln, in dem die Daten in spezielle Analyseprogramme importiert wurden. Die auf Basis der beiden Verfahren ermittelten Werte unterschieden sich, bis auf einen Ausreißer, maximal um 12,6 Prozent. Dies entsprach einem metrischen Wert von maximal 15 µm.
Zweiter Teil der Studie:
Im zweiten Teil der Studie erfolgte die In-vivo-Untersuchung mit dem Ziel, den Antagonistenverschleiß durch monolithische, das heißt vollanatomische Zirkonoxid-Einzelzahnkronen (ZrO2) über den Zeitraum von zwei Jahren zu ermitteln.
Als Versorgungen wurden 13 ZrO2-Kronen (Lava Plus, 3M) - auf der Okklusalfläche ausschließlich poliert - bei neun Patienten eingegliedert. Patienten mit Parafunktionen wurden bei Beschwerdefreiheit explizit nicht ausgeschlossen. Mittels Intraoralscanner (Lava C.O.S., 3M) wurden die Kronen, Antagonisten und Nachbarzähne digitalisiert (Baseline). Die Messungen wurden nach 12 und nach 24 Monaten wiederholt. Die 12- und 24-Monatsdatensätze wurden jeweils mit dem entsprechenden Baseline-Datensatz überlagert, die entstandenen Verschleißareale identifiziert und der entsprechende maximale Höhenverschleiß vermessen (Abbildung).
Der maximale mittlere Gesamtverschleiß der 98 auswertbaren Verschleißareale betrug je nach Material 86-107 µm nach 12 Monaten und 103-124 µm nach 24 Monaten. Die Ergebnisse zeigten, dass - bezogen auf den von Einzelkronen verursachten Verschleiß - die vertikale Verlustrate nach den ersten zwölf Monaten abnahm. Die auf Basis der intraoralen, digitalen Abformung ermittelten Daten lieferten überzeugende, mit anderen Studien vergleichbare Ergebnisse.
Fazit:
Damit scheint das angewandte Verfahren eine praxisnahe Methode zu sein, um ein Verschleiß-Screening darzustellen. Da es sich im Rahmen der Studie ausschließlich um polierte Zirkonoxid-Proben handelte, konnte hier keine Aussage zum Antagonisten-Verschleiß durch glasierte Zirkonoxid-Oberflächen getroffen werden. Manfred KernSchriftführung AG Keramikinfo@ag-keramik.de
Dieser Bericht ist eine gekürzte Fassung der Erstpublikation „Antagonisten-Vergleich auf dem Prüfstand“ (ZWR 2017; 127: 1-3) und wurde mit dem 16. Forschungs-Preis der Arbeitsgemeinschaft für Keramik in der Zahnheilkunde (AG Keramik) ausgezeichnet.