KI im Personalwesen birgt Chancen – hat aber Grenzen
Die Verwendung von KI-Systemen wie ChatGPT ist aktuell ein heiß diskutiertes Thema. Dabei stehen vor allem Risiken und Nutzen der künstlichen Intelligenz im Fokus der Debatte. Der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel ist Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ beim Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte (VDAA) in Stuttgart und gibt Tipps für den Bereich Human Ressources (HR):
KI bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses
„ChatGPT kann gerade im HR-Bereich die Arbeit der Menschen erleichtern, wenn nicht sogar ersetzen. Angefangen bei der Stellenausschreibung“, erklärt er. Die Bewerbersuche finde mittlerweile zum großen Teil digital statt. Aktuell würden die Stellenanzeigen für die entsprechenden Plattformen in der Regel noch individualisiert durch Menschen erstellt. „Hier kann ChatGPT Abhilfe schaffen. Durch das einfache Eingeben von Stichworten kann die künstliche Intelligenz ganze Texte – also auch Stellenausschreibungen – erstellen“, so Görzel. Dabei könne der Chat-Bot so programmiert werden, dass er auf die individuellen Voraussetzungen beziehungsweise Suchanforderungen Rücksicht nimmt.
Bewerbungsgespräch mit KI-Fragen?
ChatGPT kann nach Görzels Einschätzung auch für das effektive Vorbereiten eines Bewerbungsgesprächs genutzt werden. „So kann der Bot etwa Referenzfragen an ehemalige Vorgesetzte erstellen, Bewerbungen nach vorgegebenen Suchkriterien ordnen oder spezifische Fragen erstellen, die für den jeweiligen Job interessant sind. Im Geiste der Rationalisierung der Arbeitsvorgänge kann die KI auch für das Erstellen von Zu- und Absagen an Bewerber verwendet werden“, empfiehlt der Arbeitsrechtler, betont aber, dass die KI – gerade in schwierigen Situationen – nicht allein arbeiten sollte. Vielmehr sei es ratsam, dass in diesen Fällen ein Mensch „die Feinarbeit“ übernimmt.
KI darf Beschäftigten auch Weisungen erteilen
Görzel schreibt weiter, dass KI auch dazu genutzt werden kann, die Arbeit der Arbeitnehmer zu überwachen und zu steuern: „Es ist dazu auch denkbar, dass KI Weisungen erteilt. Dabei ist es unerheblich, ob die Weisung von einem Menschen stammt oder die KI eine Weisung erstellt und erteilt hat." Beim Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 der Gewerbeordnung komme es nicht auf den „Weg“ zur Weisung, sondern nur auf das billige Ergebnis an. Dabei könne KI jedoch nicht uneingeschränkt eingesetzt werden, so der Arbeitsrechtler. „So kann im Falle einer Weisung, die den Arbeitnehmer erheblich beeinträchtigt – wie beispielsweise die Versetzung an einen anderen Arbeitsort – auch eine Weisung durch KI unzulässig sein.“
Vollautomatische Kündigungen durch KI sind unzulässig
Auch im Falle einer Kündigung oder einer Abmahnung eines Mitarbeitenden könnte KI theoretisch effektiv eingesetzt werden, schreibt Görzel, etwa bei der Formulierung eines Kündigungsschreibens. Aber auch hier gebe es gesetzliche Grenzen: „Der Arbeitnehmer hat nach Art. 22 I DSGVO das Recht, keiner vollautomatisierten Entscheidung beziehungsweise Verarbeitung unterworfen zu sein, wenn diese rechtliche Wirkung entfaltet oder eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt.“ Zwar könne eine KI-Erklärung – und damit auch eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung – rechtlich gesehen eine Willensklärung des Arbeitgebers darstellen. „Allerdings scheitert eine ausschließlich KI basierte Kündigung regelmäßig an den Vorgaben des Art. 22 I DSGVO.“
Vorteile und Nachteile genau abwägen
KI sei kein Allheilmittel, schließt der Anwalt. Es bleibe festzustellen, dass der KI-Einsatz im Personalwesen Vorteile, aber auch erhebliche Nachteile haben kann. Es könne angezeigt sein, „dass in schwierigen Situationen ein Mensch mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl das letzte Wort hat.“ In Zweifelsfällen sollten Unternehmen rechtlichen Rat einholen. Ob dies durch eine künstliche Intelligenz möglich sei, ließ Görzel offen.